Der Weltdiabetestag, der seit 1991 am 14. November begangen wird, ist seit 2007 ein offizieller Tag der Vereinten Nationen. Wir sprachen mit Dr. Walter Glück, Internist und Diabetologe in Immenstadt, über die sportlichen Aktivitäten, die neben der Ernährung ein wichtiger Baustein bei der Behandlung von Diabetes sind.
Was sollten Diabetiker beachten, wenn sie sportlich aktiv werden?
Dr. Glück: Sport oder besser Bewegung sollte Spaß machen. Wichtig ist die richtige Einschätzung der Leistungsfähigkeit. Gegebenenfalls sollten sich insbesondere ältere Diabetiker vor Trainingsbeginn ärztlich untersuchen und sich ein Trainingsprogramm aufstellen lassen.
Wie wichtig ist Sport für Typ 2-Diabetiker?
Dr. Glück: Sie sollten lebenslang zu mindestens moderater körperlicher Aktivität angehalten werden. Zum Beispiel zu täglich 30 Minuten schnellem Spazierengehen. Sport senkt den Blutzucker, hilft beim Abnehmen, senkt den Blutdruck und kann sogar bei Neigung zu Diabetes diesen verhindern. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes durchbricht Muskelarbeit die Insulinresistenz. Es können somit Diabetesmedikamente eingespart werden.
Und was gilt für Typ-1-Diabetiker?
Dr. Glück: Sport bei Typ-1-Diabetes muss individueller gestaltet werden. Körperliche Betätigung ist ein probates Mittel gegen Übergewicht auch bei Jugendlichen und verbessert die Lebensqualität. Sport sollte regelmäßig durchgeführt werden, sonst entstehen zu starke Stoffwechselschwankungen. Therapieschwerpunkte liegen beim Typ- 1-Diabetiker auf der Vermeidung von Stoffwechsel-entgleisungen, also Unterzuckerungen.
Wie viel Sport kann und soll ein Diabetespatient machen, um eine Verbesserung zu erzielen?
Dr. Glück: Er sollte ein Ausdauertraining mindestens drei bis viermal wöchentlich rund 30 Minuten betreiben, anfangs etwas kürzer. Die Leistung sollte nur langsam gesteigert werden. Erst über die Dauer, dann über die Leistungsstärke.
Welche Sportarten sind am besten geeignet?
Dr. Glück: Ausdauersportarten wie Schwimmen, Radfahren, Wandern, Skilanglauf, Joggen und Nordic Walking.
Sind Übungen im Fitnessstudio sinnvoll?
Dr. Glück: Ja, moderates Krafttraining mit gerätegestützten Übungen ist sinnvoll. Auch Übungsformen mit Kleingeräten, wie Hanteln und Therabändern sind günstig. Insbesondere die großen Muskeln sollten trainiert werden.
Wann besteht beim Sport die Gefahr einer Unterzuckerung?
Dr. Glück: Bei Typ-1-Diabetikern, wenn vor dem Sport zu viel Insulin gespritzt oder zu wenig Kohlehydrate gegessen werden. Auch Typ- 2-Diabetiker sind gefährdet, wenn sie Tabletten einnehmen, die zur Unterzuckerung führen können. Die meisten Typ-2-Diabetiker erhalten jedoch heutzutage Medikamente, die diese Gefahr nicht beinhalten.
Was ist bei einer Unterzuckerung zu beachten?
Dr. Glück: Diabetes-Sportler sollten bei ersten Zeichen der Unterzuckerung rasch Kohlenhydrate – am besten flüssigen Traubenzucker oder Cola – zu sich nehmen. Erst dann sollten sie ihren Blutzucker messen und länger wirksame Kohlehydrate aufnehmen. Es hat sich bewährt, die sportlichen Tätigkeiten mit leicht erhöhten Zuckerwerten von ca. 150 bis 180 mg/dl zu beginnen.
Sind bei sportlicher Aktivität mehr Blutzuckermessungen als sonst üblich nötig?
Dr. Glück: Ja, vor, während und nach der Aktivität sollte der Blutzucker gemessen werden. Je nach Umfang und Intensität der muskulären Beanspruchung kann der sogenannte Muskelauffüll-Effekt bis zum folgenden Tag andauern. Das heißt, dass auch dann noch Unterzuckerungen eintreten können. Die Fragen stellte Werner Kempf