Klinikum Beschäftigte und Arbeitgeber weisen in Kaufbeuren gemeinsam auf die Folgen der Gesundheitspolitik des Bundes hin">

Artikel: Protest in der Mittagspause

19. November 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Klinikum Beschäftigte und Arbeitgeber weisen in Kaufbeuren gemeinsam auf die Folgen der Gesundheitspolitik des Bundes hin

Kaufbeuren | mab | Die Stimmung bei vielen Teilnehmern der "aktiven Mittagspause" gestern am Klinikum war eindeutig: "Es ist immer weniger Geld da und man spart brutal am Personal", so eine Krankenschwester. "Zugleich hat sich die Arbeitssituation immer weiter verdichtet", meint ihre Kollegin. Vor allem die Schreibarbeit hat mächtig zugenommen. "Außerdem sind wir immer mehr Ansprechpartner für die Patienten, weil die Ärzte weniger präsent sein können."

Winzige Steigerungsraten

Rund 70 Klinikbeschäftigte hatten sich im Foyer des Klinikums eingefunden, um an der bundesweiten Aktion "aktive Mittagspause" teilzunehmen, mit der sowohl Klinikbeschäftigte als auch Klinikträger auf die klamme finanzielle Situation der Krankenhäuser hinweisen wollten. Per Deckelung aus dem Hause der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt bekämen deutsche Kliniken seit Jahren für die laufenden Kosten praktisch immer das gleiche Geld, nur winzige Steigerungsraten im Null-Komma-Bereich (2007: 0,56 Prozent) würden zugelassen.

Zugleich stiegen aber alle anderen Kosten rundherum: Energie und Medizintechnik würden teurer, ebenso die Personalkosten, die nach langen Nullrunden 2008 um 2,5 Prozent und 2009 um 5,2 Prozent ansteigen sollen, so Klinikumsvorstand Friedhelm Gallinat. "Wir haben also bei den Einnahmen eine Planwirtschaft, bei den Ausgaben aber eine Marktwirtschaft", erklärt er weiter.

Die Folgen davon, dass der Staat den Krankenhäusern zu wenig Geld gebe, seien unter anderem Personalabbau, längere Wartezeiten oder eine unvermeidbar sinkende Qualität des medizinisch-pflegerischen Angebotes der Kliniken. "Wir wollen aber die Bevölkerung gut versorgen", so Gallinat. Dass Patienten möglicherweise wegen dieser Sparpolitik leiden, könne niemand wirklich wollen.

Auch Personalratsvorsitzender Wolfgang Kurschus kritisierte die knappe Vergabe von Geldern. Es fehlten nicht nur Mittel für Ärztestellen, sondern "vor allem für die Pflege". Kurschus wies daraufhin, dass es noch nie eine derartige gemeinsame Protestaktion des Trägers, also der Arbeitgeberseite, und der Beschäftigten gegeben habe.

Zwar habe Ulla Schmidt 21000 neue Pflegekräfte versprochen. "Aber wo sollen die überhaupt herkommen, wenn bundesweit immer weniger ausgebildet werden."

Sorgen um ihre Zukunft macht sich auch eine Pflegeschülerin, die an der Kundgebung teilnahm: "Wir haben Angst vor Stelleneinsparungen. Die können unsere Übernahme gefährden", so die 26-Jährige. "Deshalb haben wir als Auszubildende auch an der aktiven Mittagspause teilgenommen", ergänzt ihre 18-jährige Mitschülerin.