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Professor Dr. Heinrich Stiegler leitete 19 Jahre die Allgemeine, Bauch- und Gefäßchirurgie in Kaufbeuren

Ruhestand

Professor Dr. Heinrich Stiegler leitete 19 Jahre die Allgemeine, Bauch- und Gefäßchirurgie in Kaufbeuren

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    Professor Dr. Heinrich Stiegler leitete 19 Jahre die Allgemeine, Bauch- und Gefäßchirurgie in Kaufbeuren
    Professor Dr. Heinrich Stiegler leitete 19 Jahre die Allgemeine, Bauch- und Gefäßchirurgie in Kaufbeuren Foto: Markus Bär

    Wie viele Menschen er in den vergangenen 19 Jahren im Kaufbeurer Klinikum operiert hat, das vermag Professor Dr. Heinrich Stiegler nicht zu sagen. Er hat irgendwann im Laufe seines Chirurgenlebens aufgehört, Eingriffe zu zählen. Heute hat der 65-Jährige, der seit 1993 Chefarzt der Allgemeinen, Bauch- und Gefäßchirurgie in Kaufbeuren ist, eigentlich seinen letzten regulären Arbeitstag. Er geht davon aus, dass er am kommenden Montag nur noch die Geschäfte übergibt und dann mit seiner Frau zum Frühstücken geht. Doch so richtig klar ist das wohl noch nicht. Denn ein Nachfolger steht bislang nicht fest.

    Klinikenvorstand Dr. Joachim Klasen betonte in einer Mitteilung an unsere Zeitung lediglich, dass 'die Leitung der Abteilung ab dem 1. Oktober bis zum Dienstantritt der Nachfolger auf hervorragendem Niveau gesichert' sei. Wie berichtet, sollen für Stiegler nun zwei Chefärzte eingestellt werden – ein Gefäßchirurg und ein Spezialist für Bauch- und Thoraxchirurgie. Es gab viele Gründe, die den gebürtigen Lindauer vor 19 Jahren dazu bewogen, eine Chefarztstelle in Kaufbeuren anzunehmen. 'Ich hatte Interesse an einer gewissen Heimatnähe und an Nähe zu München.' Außerdem wollte er in einem Schwerpunktkrankenhaus tätig sein. Wichtig war ihm auch, dass sich – wie in Kaufbeuren – eine Pathologie in der Nähe befindet.

    Dann können beispielsweise Gewebeproben noch während der OP auf Bösartigkeit hin untersucht und befundet werden – und entsprechend kann der Chirurg beim Eingriff weiter vorgehen.

    Dramatisch verbessert

    Stiegler empfindet es als Privileg, dass er 'in einer unglaublich faszinierenden Zeit Medizin machen durfte'. Die Diagnostik beispielsweise mittels Magnetresonanztomograf habe sich dramatisch verbessert. Und die OP-Techniken hätten sich enorm verfeinert. Das Bild des eher vierschrötigen Chirurgen, der beherzt und zuweilen auch grob während einer OP wirkte, gehöre längst der Vergangenheit an. Einen Tumor herauszuoperieren, sei heute feinste Arbeit, damit die OP ein Erfolg wird. Zudem gebe es heute vielfältigste laparoskopische Eingriffe (Stichwort Schlüssellochchirurgie), bei denen erst gar keine großen Schnitte nötig sind.

    Stolz ist Stiegler darauf, dass er seit 1993 eine 'gut ausgebildete operative Mannschaft' entwickeln konnte. Er verweist darauf, dass viele Namen in seiner Abteilung seit Jahren gleich geblieben sind, was ja auch ein Hinweis darauf sei, dass sich das Personal in seiner Abteilung wohl fühle. Als ebenso wichtig sieht er den Aufbau Kaufbeurens als Darm- und Gefäßzentrum an, mit stark gestiegenen OP-Zahlen. Außerdem habe er große Eingriffe, wie etwa die Bauchspeicheldrüsen- oder Leberchirurgie im Klinikum etabliert. Es habe dabei lange gedauert, bis seitens der Krankenhausleitung der Sinn solcher Eingriffe gesehen wurde, meint er kritisch. Überhaupt sei das Thema Krankenhauspolitik stets ein schwieriges gewesen. Über ein Dutzend Geschäftsführer habe er in den 19 Jahren miterlebt, was ja nun keineswegs für Konstanz spreche.

    'Wirklich Großes geleistet'

    Unter den fortwährenden Debatten um das finanzielle Defizit des Klinikenverbundes Ostallgäu-Kaufbeuren habe die Arbeit die vergangenen knapp zwei Jahrzehnte immer wieder gelitten, so Stiegler. Diese Diskussion demotiviere das Personal und lasse darüber hinweg täuschen, dass im Klinikum 'wirklich Großes geleistet wird'. Außerdem ist er in Sorge darüber, dass Medizin zusehends unter dem Diktat des Wirtschaftlichen gesehen wird. Es könne nicht angehen, dass viele junge Chefärzte landauf landab heute nach bestimmten Leistungskategorien bezahlt werden – wie etwa: Es fehlen in diesem Jahr noch 20 Bauchspeicheldrüsen-OPs. Solche Vorgaben hätten in der Medizin nichts zu suchen, weil sie einen Chefarzt in seiner Diagnosestellung zu sehr beeinflussen könnten.

    Stiegler möchte sich im Ruhestand vermehrt um seine Familie kümmern. Er wird weiter in Kaufbeuren wohnen, zugleich weiter an der Ludwig-Maximilians-Universität München dozieren und ehrenamtlich in Afrika oder Asien operieren, 'bis das aus Altergründen einfach nicht mehr geht'.

    Zu seinem Abschied hat Stiegler ein Symposium im Klinikum organisiert, in dem es um das Thema 'Zukunft der Medizin' geht. Es findet morgen statt.

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