Kampf gegen Armut: Allgäuer Friedenspreis für Maria und Peter Stingl Von Markus Röck Steingaden"Sogar die UNICEF hat uns schon mal angesprochen und wollte unseren Rat. Das muss man sich mal vorstellen!" Dr. Peter Stingl steckt ein wenig im Zwiespalt. Einerseits ist er bescheidener Arzt in der 2800-Seelen-Gemeinde Steingaden. Andererseits weiß der Tropenmediziner und Privatdozent genau, was er in 30-jährigem Engagement für Afrika geschafft hat. Kollegen verliehen ihm und seiner Frau Maria dafür jetzt den Allgäuer Friedenspreis. Für seinen Beitrag, den Teufelskreis aus Unwissenheit, Krankheit und Armut zu unterbrechen zeichnet das Allgäuer Kuratorium in der Internationalen Ärztegemeinschaft gegen Atomkrieg erstmals einen Kollegen aus. Besonders würdigen die Medizinier sein Engagement im Verein "Hilfe für Kinder in Not", den er seit der Gründung leitet. Stingls Engagement für Afrika begann aber schon viel früher. 1969 schickte ihn das tropenmedizinische Institut Hamburg für seine Doktorarbeit über Lepra nach Äthiopien. Die Folgen beschäftigen ihn bis heute: "Ich habe plötzlich gemerkt, dass sieben von zehn Menschen auf der Welt überhaupt keinen Zugang zu medizinischen Errungenschaften haben." Bereits im folgenden Jahr war Stingl wieder in Afrika. Sieben Jahre lang arbeitete er in Äthiopien, Malawi sowie Sudan und Sierra Leone, wo er im staatlichen Auftrag die landesweite Lepra- und Tuberkulose-Bekämpfung leitete. Viele weitere Kurzzeitaufenthalte in Afrika folgten als Berater internationaler Organisationen.
In Deutschland habilitierte Dr. Stingl gleichzeitig in München in Tropenmedizin. Seit 1978 ist er Privatdozent an der Ludwig-Maximilians-Universität und seit fünf Jahren hat er auch einen Lehrauftrag in Tansania an der Tumaini-Universität."Es tut sich wirklich etwas"Sein Hilfseinsatz für Afrika erreichte unterdessen durch die Gründung des Hilfswerkes "Zukunft für Kinder in Not" neue Dimensionen. "Das macht mir besonders viel Spaß", so Stingl: "Da tut sich nämlich wirklich was." So trug das Hilfswerk dazu bei, in mehreren Ländern die Verhältnisse in Gefängnissen und im Polizeigewahrsam zu verbessern. "Wir kommen bei den Regierungen voran, weil wir eine kleine Organisation sind", so Stingl: "Die haben die Nase voll von Leuten, die kommen, große Konferenzen abhalten und wieder abreisen, ohne dass sich etwas geändert hätte." Die Zustände in den überfüllten Gefängnissen mit mafiaähnlichen Strukturen, Gewalt und sexueller Ausbeutung seien aber auch den Regierungen ein Dorn im Auge. Das Hilfswerk kümmert sich um Kinder in Haft - ein Thema, das zuvor auch bei großen internationalen Hilfsorganisationen unbeachtet geblieben war. Vor allem dank einheimischer Mitarbeiter vor Ort bewegt das Hilfswerk vieles: In 28 Gefängnissen und 153 Polizeistationen in Westafrika hilft es über 4600 Kindern. Daneben helfen Projekte in fünf Ländern inhaftierten Müttern mit Kleinkindern. Außerdem kümmert sich der Verein unter anderem um Straßenkinder in Abidjan, Liberianische Flüchtlingskinder, Hausmädchen sowie behinderte Kinder in Elendsvierteln der Elfenbeinküste und Lastenträgerinnen in Togo. Maria Sting organisiert dabei die Frauenförderung mit Alphabetisierung und handwerklicher Ausbildung. Viele Projekte betreibt das Hilfswerk zusammen mit der Europäischen Union. Die 10000 Mark Preisgeld für den Friedenspreis fließen ebenfalls nach Afrika: Eine Hälfte für die "Zukunft für Kinder in Not". Die andere für Bürgerkriegsopfer in Sierra Leone, wo Rebellen Tausenden die Hände abschlugen.