360 Stunden Arbeit im Bauhof für Bewährungsversager Lindau/Westallgäu (enz). Das Wort 'Bullen' überhörten drei Polizisten noch geflissentlich, was einen 19-Jährigen dermaßen enttäuschte, dass er beim Kinderfest in Lindau zweimal ein rundum vernehmliches 'Sch-Bullen' folgen ließ. Jetzt darf er sich nach Verurteilung zu 360 Arbeitsstunden beim städtischen Bauhof im Winterdienst bewähren.
'Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach', stellte Richter Thomas Walther fest und erinnerte den Lindauer an dessen Besserungsgelöbnisse bei zurückliegenden Verurteilungen. Da ging es nicht um Beleidigungen, sondern um Diebstähle, Sachbeschädigung, Drogen und um das Vortäuschen einer Straftat. Noch im Juni dieses Jahres war der Wiederholungstäter zu einer einjährigen Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Nur vier Wochen später kam es zur Beleidigung der drei Polizeibeamten, als diese in Zivil beim Kinderfest eine Person kontrollierten. Dies hatte der 19-Jährige von seinem erhöhten Standort auf einer Balustrade beobachtet und mit Missfallensrufen kommentiert. 'Ich habe keinen Hass auf Polizisten', beteuerte der Angeklagte und sah die Ursache seines Fehlverhaltens in übermäßigem Alkoholgenuss. Es könnten acht, vielleicht sogar zwölf Biere gewesen sein. Ergänzung von Richter Walther: 'Freihändig auf schmalem Mauersims mit vier Metern Fallhöhe - da war schon ein Schenkelhalsbruch drin.' Dass die Beleidigung der Polizisten nicht vor dem Einzelrichter, sondern vor dem Jugendschöffengericht verhandelt wurde, verhieß für den jungen Mann nichts Gutes. Ihm drohte nämlich ein Widerruf der Bewährungsstrafe und damit Freiheitsentzug von über einem Jahr. Das Schöffengericht beließ es bei 360 Arbeitsstunden. Richter Walther erklärte, dass aus erzieherischen Gründen das zurückliegende Urteil nicht einbezogen worden sei. An den Verurteilten gewandt, bemerkte er: 'Das Gericht wollte nicht, dass Sie unter lauwarmer Dusche Ihr Selbstmitleid pflegen können, wegen einer Beleidigung ins Gefängnis gekommen zu sein.'Das Schöffengericht hatte sich der Meinung von Jugendgerichtshelfer Wolfgang Schoblock angeschlossen, den 19-Jährigen wegen Reifeverzögerung nach dem Jugendstrafrecht zu verurteilten und aus pädagogischen Gründen die Bewährung nicht zu widerrufen. Den frühen Weckruf zum Winterdienst erachte er für sinnvoller. Abschließende Mahnung von Richter Walther an den Verurteilten: 'Hüten Sie sich vor dem nächsten Mal - dann reicht ein Fingerhut, um das Fass überlaufen zu lassen.'