Mit einem Aktionstag und geschlossenen Praxen wollten gestern auch heimische Fachärzte "die Politiker wach rütteln, bevor es zu spät ist". Das haben mehrere Allgäuer Mediziner am Nachmittag bei einer Pressekonferenz in Memmingen betont. Sie befürchten, dass der Gesundheitsfonds und die jüngste Honorarreform eine massive Qualitätsverschlechterung bei der Behandlung von Patienten mit sich bringen.
Wie berichtet, klagen die Fachärzte bereits über Umsatzeinbrüche von bis zu 50 Prozent. Die möglichen Folgen dieser Einbußen schilderte etwa der Memminger Lungenfacharzt Dr. Martin Wohlleb: "Wir müssten letztlich Personal abbauen und mehr Patienten in Kliniken überweisen." Und das wäre am Ende wesentlich teurer als eine ambulante Behandlung bei einem Facharzt, rechnete auch Orthopäde Dr.Joachim Geis aus Memmingen vor. Und Dr.Claus Huyer, Vorsitzender des Berufsverbands der Orthopäden und Unfallchirurgen in Schwaben, setzte noch einen oben drauf. Nach seinen Worten ist es Ziel der Politik, dass möglichst viele Fachärzte in Gesundheitszentren und Kliniken praktizieren. "Dann wäre die wohnortnahe Versorgung der Patienten in Gefahr."
"Keine Zwei-Klassen-Medizin"
Ins gleiche Horn stieß der Memminger Hautarzt Dr.Thomas Wilhelm: "Im Bundesgesundheitsministerium gibt es Pläne, die Fachärzte zu liquidieren." Zugleich wies er darauf hin, dass von 100 Euro Krankenkassenbeitrag nur noch 15 Prozent in die ambulante Versorgung fließen. Laut Dr. Max Kaplan, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Memmingen-Mindelheim, waren es vor zehn Jahren noch 20 Prozent.
Um Praxen vor der Schließung zu retten, könnten die Ärzte auch dazu übergehen, nur noch Privatpatienten anzunehmen. "Aber das wollen und machen wir nicht", betonte Orthopäde Dr.Andreas Scherrer: "Das sind wir den Patienten schuldig." Auch Kaplan unterstrich, "dass wir eine Zwei-Klassen-Medizin verhindern müssen".
Um dies zu erreichen, sammelten gestern zum Beispiel Psychiater, Neurologen und Nervenärzte Unterschriften in der Memminger Fußgängerzone (siehe Foto). Sie wenden sich "gegen die Diskriminierung von Menschen mit seelischen Erkrankungen durch den Gesundheitsfonds". Denn mittlerweile habe ein Psychiater nur noch 30 Minuten Gesprächszeit für jeden Patienten pro Quartal zur Verfügung.