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Platz zwei ist doch auch was

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Platz zwei ist doch auch was

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    Autokorso hupt nach dem Finale durch Füssen ­ Einige Hundert auf dem Schrannenplatz. Von Arno Späth Füssen'Oh ­ schade. Jetzt ist\'s vorbei.' Für Katharina Moslavac war nach dem 1:0 klar, dass der neue Fußball-Weltmeister Brasilien heißt. An ihrem 'Tribünenplatz' am Fenster des Gesellenhauses fieberte sie wie die einigen Hundert vor der Großbild-Leinwand auf dem Schrannenplatz mit, drückte der deutschen Mannschaft beide Daumen und feuerte an. 'Jawohl!' rief sie: 'Nach vorne, nach vorne ' Am Ende war sie sich mit vielen einig: Der zweite Platz ist doch auch etwas.

    Vorne lagen am Ende mit 2:0 die Brasilianer. Manche Fans suchten Trost und lagen sich auf dem Schrannenplatz in den Armen. Spätestens beim Autokorso durch die Stadt herrschte aber die Stimmung, die der Gewinn der Vize-Weltmeisterschaft verdient: 'Wir haben zwar nicht gewonnen, aber wir sind Zweiter. Das ist doch auch etwas', rief einer aus einem Cabrio und ließ die schwarz-rot-goldene Deutschlandfahne im Fahrtwind flattern.

    Erinnerungen an 1990 wurden geweckt. Deutschland wurde Weltmeister, und den Fans in Füssen gehörte die Stadt: Die damals noch 'Augsburger-Tor-Platz' (heute Kaiser-Maximilian-Platz) bezeichnete Kreuzung war von Autos und hunderten von Menschen belagert, der Verkehr blockiert.

    Wie die Fans der Türken am Samstag kurvten gestern die Autos der Deutschen mit lautem Hupen, lautem 'Ole' und anderem Freudengeschrei durch die Stadt. Traurig wegen der Niederlage 'unserer Elitekicker' war kaum einer. Denn der Sieg der Brasilianer wurde neidlos anerkannt. Allerdings: 'In der ersten Halbzeit waren die unseren besser', lautete das Urteil von Richard Schnetz. Der langjährige Eishockey-Spieler des EV Füssen weiß aber aus eigener Sportler-Erfahrung: 'Im Endeffekt zählen nur die Tore.' Auch das ist für den 'Richi' nichts Neues: 'Über den zweiten Platz könnte man sich genauso freuen ­ aber der zählt nichts im Sport.'

    In den knapp zwei Stunden zuvor herrschte auf dem Schrannenplatz zwischendurch eine Stimmung wie im richtigen Stadion. Es wurde nach einer guten Spielszene gejubelt und über eine schlechte gemeckert, 'Deutschland, Deutschland' gerufen und nach einem bösen Foul wie im Eisstadion 'raus du Sau!' gebrüllt. Beeindruckt von der guten Stimmung zu Beginn machte eine Füssenerin aus ihren Gefühlen kein Geheimnis: 'Mir hot\'s glei d\' Hoar aufgstellt.' Anton Stöger, der Klasse-Trommler aus Rieden, und sein Freund Simon Schweiger, trugen ihren Teil zur 'Bombenstimmung' bei: Sie heizten den Fans mit ihren Trommelschlägen rhythmisch ein. Stöger: 'Bis zum 2:0 ­ dann war Feierabend.'

    Gefeiert wird auf jeden Fall

    Kein Wechselbad der Gefühle erlebte Barni Köpf. Der ehemalige Eishockey-Torwart des EV Füssen ist mit einer Brasilianerin verheiratet. Köpf und sein Sohn Raphael hatten in ihren Gesichtern auf der einen Wange die deutsche Nationalflagge, auf der anderen die brasilianische: 'Im Endeffekt isch\'s mir wurscht, wer g\'winnt', sagte der Papa vor dem Finale, gefeiert werde auf jeden Fall. 'Mir ist es nicht egal', konterte Sohn Raphael: 'Ich bin für Brasilien', betonte der Zehnjährige.

    Die Ordnungs- und Rettungskräfte hatten gestern bis Redaktionsschluss einen 'lockeren' Nachmittag. 'Es war auffallend ruhig, jetzt ist die Stimmung gedrückt', charakterisierte ein Polizeisprecher das Geschehen, als auf dem Bildschirm die deutschen Spieler gerade die Silbermedaille erhielten. Ruhig war\'s auch für das Rote Kreuz. Lediglich einen Einsatz mussten sie leisten: Der Kreislauf eines jungen Belgiers litt nicht unter dem Sieg der Brasilianer, er hatte vielmehr die vorausgegangenen Reisestrapazen nicht gut verkraftet. Der junge Mann tankte auf der Liege im Rettungswagen unter der Obhut der Sanitäter neue Kräfte.

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