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Artikel: Plädoyer für die Selbstverwaltung

30. Juli 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
mathias wild

Gesundheitsfonds AOK-Diskussionsrunde zum 125. Geburtstag

Kaufbeuren/Ostallgäu | avu | Energisch hat der stellvertretende AOK-Beiratsvorsitzende Johannes Reich die Sozialpartnerschaft der Versicherten und Arbeitgeber in dem Selbstverwaltungsorgan verteidigt. "Die soziale Selbstverwaltung ist ein hohes Gut", sagte er bei einer Diskussionsrunde mit Politikern und Beiratsmitgliedern anlässlich des 125-jährige Bestehens der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch der AOK. Die politischen Diskussionen über eine Aufweichung dieser Verbindung seien freilich in vollem Gang. "Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hält nicht viel von Selbstverwaltung und will mehr Politik ins Spiel bringen", meinte Reich über die anstehenden Reformen im Gesundheitswesen. So werde der AOK-Beitragssatz künftig nicht mehr von der Selbstverwaltung festgelegt, sagte AOK-Direktor Josef Bauer. "Der Einheitsbetrag schafft große Probleme, weil die Verhältnisse in der Region unterschiedlich sind."

Trotz der Überversorgung mit Hausärzten in Schwaben sprach sich die Landtagsabgeordnete Angelika Schorer (CSU) für eine verstärkte Ausbildung von Medizinern aus. "Wir müssen auch über Fachärzte reden", so die Politikerin. Die Hausarztdichte könne nicht nur über die Politik geregelt werden, möglicherweise müsse man auch Anreize, wie zinslose Darlehen, bieten, um Lücken zu schließen. Bauer betonte, dass die AOK an den Hausarztverträgen festhalten werde. Die Freiberuflichkeit müsse erhalten bleiben, so auch der Kreistagspolitiker Dr. Christian Alex. "Wir wollen keine Kapitalisierung des Systems.

" 125 Jahre gesetzliche Krankenversicherung seien eine Erfolgsgeschichte; was derzeit passiere, sei jedoch "Staatsdirigismus", so der Landesvorsitzende des gesundheitspolitischen Arbeitskreises der CSU. Eine vernünftige Haushaltsplanung werde unmöglich gemacht, sagte Alex.

"Wir dürfen uns nicht selbst belügen", warnte der Landtagsabgeordnete Franz Pschierer (CSU) beim Blick auf die Krankenhauslandschaft in der Region. "Es gibt zu viele Klinikbetten." Privatisierungen seien für ihn derzeit zwar kein Thema, aber die Häuser müssten - auch über Landkreisgrenzen hinaus - über Kooperationen nachdenken und ihr Profil stärken. "Da gibt es noch viele Hausaufgaben zu machen", so Pschierer.

Die Diskussionsteilnehmer sprachen sich einheitlich gegen eine zentrale Beitragseinzugszentrale aus, die zurzeit auf Bundesebene erörtert wird. "Das passt in das Konzept von Ulla Schmidt", so Alex. "Aber wir brauchen die Nähe und das Wissen um die Verhältnisse vor Ort." Die AOK-Mitarbeiter seien wichtige Ansprechpartner für die Versicherten, meinte Reich. Und auch Beiratsmitglied Wolfgang Heinlein wünschte sich häufiger eine andere Sichtweise im Gesundheitswesen: "Wir müssen nicht immer nur marktwirtschaftliche Aspekte sehen, sondern auch den Menschen."