Oberstdorf (sme). - 'Wer seine Wunden nicht beachtet, der wird von ihnen bestimmt'. Diese Aussage traf der als Buchautor bekannte Pater Anselm Grün bei einem Vortrag in der katholischen Pfarrkirche Oberstdorf. Die Veranstaltung mit dem Ordensmann vom Kloster Münsterschwarzwach bei Würzburg fand große Resonanz. Die Besucher saßen dicht gedrängt in den Kirchenbänken und auf herbeigeschafften Stühlen. Sie standen auf den Stufen vor den Seitenaltären, auf den Treppen zur Empore und an langen Büchertischen.'Finde deine Lebensspur!' So lautete der Titel des Vortrags von Pater Anselm an diesem Abend. 'Wir alle sind Söhne und Töchter und tragen unsere Familiengeschichte in uns', bedeutete der charismatische Geistliche, von dem derzeit 300 Buchtitel mit religiösem Inhalt im Umlauf sind, seinen Zuhörern in der Kirche.
Zu dieser Lebensgeschichte eines jeden Einzelnen gehörten positive, aber auch schmerzliche Aspekte. Um die eigene Lebensspur entdecken und leben zu können, sei es notwendig, die schmerzlichen Aspekte der Eltern-Kind-Beziehung zu erkennen und sich mit den Vater- und Mutterwunden auszusöhnen.'Durch diese Wunden hindurch haben wir Zugang zu unserem eigentlich Kern', erläuterte der Mönch, der seine psychologischen Betrachtungen in einen Zusammenhang mit der biblischen Heilungsgeschichte brachte. Pater Anselm Grün fügte hinzu:'Wir dürfen nicht bei den Verletzungen aus unsrerer Familiengeschichte stehenbleiben. Wir müssen vielmehr in der Auseinandersetzung mit den seelischen Verwundungen aus der Kindheit unser wahres Selbst erkennen und unsere ureigene Lebensspur entdecken.'Der Benediktinermönch, der da in der Pfarrkirche die Menschen so anzog, studierte Philosophie, Theologie und Betriebswirtschaft. Er ist wirtschaftlicher Leiter der Abtei Münsterschwarzach und damit für rund 300 Mitarbeiter in mehr als 20 Betrieben verantwortlich. Er ist zudem spiritueller und geistlicher Berater von Managern und gehört zu den meistgelesenen christlichen Autoren der Gegenwart. Seine Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt.