Die Anspannung vor dem ersten großen Auftritt ist bei der Probe deutlich spürbar. "Was machen wir bloß, wenn uns alle auslachen?", fragt zum Beispiel ein blonder Junge seine Mitschüler und blickt etwas hilfesuchend zum Klassenlehrer am Dirigentenpult. Hans-Jürgen Seger, Hauptschullehrer an der Volksschule , beruhigt seine Schützlinge mit einer ordentlichen Portion Humor: "In diesem Fall verlassen wir einfach fluchtartig die Bühne," entgegnet er seinen Schülern mit einem Augenzwinkern.
Am heutigen Mittwoch wollen die zweiundzwanzig Siebtklässler zusammen mit ihrem Klassenlehrer die Weihnachtsfeier ihrer Schule maßgeblich mitgestalten. Und das, obwohl jedes Kind erst seit knapp drei Monaten ein Instrument lernt. Seit Beginn des Schuljahres gibt es an der Volksschule Weitnau eine eigens eingerichtete Bläserklasse/ Ganztagesklasse. Alle Schülerinnen und Schüler der siebten Klasse (23 Kinder) lernen unter Anleitung ihres Klassenlehrers Hans-Jürgen Seger ein Blasinstrument. Die Palette der Instrumente reicht von der Tuba, über Tenorhorn, Posaune, Waldhorn, Trompete, Klarinette und Saxophon bis hin zur Querflöte. Im regulären Musikunterricht (2 mal 45 Minuten) musiziert die Klasse gemeinsam unter der Leitung von Klassenlehrer Seger. Zusätzlich erhalten die Kinder speziellen Instrumentalunterricht in Kleingruppen, der von externen Musiklehrern erteilt wird.
"Die Eltern müssen lediglich die Leihgebühren für die Instrumente privat finanzieren", erklärt Seger.
Die musikalische Ausbildung der Kinder wird durch Fördergelder von Regierungseite ermöglicht. Geld, das nach der Einschätzung des engagierten Pädagogen sehr sinnvoll investiert wird: "Die Motivation ist unglaublich. Die Kinder sind kaum zu bremsen, wenn sie ihr Instrument in die Hand nehmen", erzählt Seger stolz. Auch die Schüler schätzen den Instrumentalunterricht, der den langen Unterrichtstag strukturiert: "Orchesterunterricht ist für mich wie Pause", meint ein Schüler lachend und bringt damit seine Begeisterung auf den Punkt. Die Schüler schätzen aber auch den besonderen Zusammenhalt innerhalb der Klasse, das gemeinsame Lernen und Musizieren. "Ich finde, wir sind ein bisschen wie eine große Familie", umschreibt ein Mädchen ihre Empfindungen.
Für den ersten Auftritt haben sich die Schülerinnen und Schüler gleich sieben mehrstimmige Lieder vorgenommen, die die Klasse erstaunlich routiniert intoniert. Seger kann sogar schon am musikalischen Ausdruck des Ensembles feilen: "Spielt an der Stelle piano, ihr blast mich ja um", kommentiert Seger das wuchtige "forte" der Bläserklasse. Eines ist jetzt schon klar: Lachen wird über die jungen Musiker sicher niemand.
