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Artikel: "Ohne Tapferkeit gelingt kein Leben"

26. Juli 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
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Vortrag Pater Anselm Grün spricht über die Glückseligkeit

Kempten | mr | Alle Parkplätze im Umgriff sind gefüllt und am Kornhaus selbst stehen 100 Menschen, die keinen Zutritt mehr bekommen. Die 539 Sitzplätze sind belegt. Was ist das für ein Mann, der solches Interesse auslöst? Benediktinerpater Dr. Anselm Grün hat sein Kommen angesagt, wird über "Glückseligkeit - wie das Leben gelingt" sprechen. Ein guter Ruf eilt ihm voraus: Von seinen spirituellen Büchern wurden 15 Millionen Exemplare in 30 Sprachen verkauft.

Dann der Auftritt im Kornhaussaal, Beifall bekommt der Graubärtige öfter an diesem Abend. Eher ruhig und sachlich argumentiert der Geistliche, die Zuhörer hängen an seinen Lippen. "Würde er nur frömmeln, wäre wohl kein Mensch gekommen", schmunzelt ein Kemptener Gottesmann. Der Pater weiß, was die Menschen hören wollen. Er trägt die Seligpreisungen der Bergpredigt vor, dringt in deren Auslegung in tiefenpsychologische Bereiche vor. Also in Höhen und Abgründe der Seele, wie sie den meisten Menschen bekannt sind.

Da ist das Beispiel einer älteren, religiösen Dame, deren Sohn mit 38 Jahren plötzlich stirbt. Erstens hatte sich die Frau vorgestellt, von ihrem Sohn einmal gepflegt zu werden. Und überhaupt, so Pater Grün weiter, haderte sie mit ihrem Gott, weil er ihr trotz eines Lebens nach den zehn Geboten den Verlust des Sohnes zugemutet habe.

Es gibt da für den Benediktiner nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Frau zerbricht an ihrem Leid, oder sie schafft es, sich von bisherigen Vorstellungen zu lösen und einen offenbar anderen Plan Gottes zu akzeptieren.

Oder der junge Mann, der auf alle schimpft: Auf Eltern, Lehrer, Firmenbosse - alle sind schuld, dass er noch nicht Sportreporter geworden sei. Nur seine eigenen Anstrengungen hielten sich in Grenzen, erzählt der Pater. Für ihn ist das Leben aber auch "ein Stück Kampf", bei dem es gelegentlich zu Verletzungen komme. "Ohne Tapferkeit gelingt kein Leben", betont der Geistliche.

Die in den Seligpreisungen eingeforderte Gerechtigkeit beginnt für den Ordensmann bei sich selbst. "Gerecht mit der eigenen Seele und mit dem eigenen Wesen umgehen" schütze den Menschen davor, maßlose Perfektionsansprüche an sich zu stellen und bei Nichterfüllung in Depressionen zu stürzen. "Ohne gerechten Lohn und ohne gerechte Chancenverteilung gibt es keinen Frieden auf dieser Welt", mahnt Grün. Geld und Reichtum seien grundsätzlich nichts Schlechtes, doch dürfe Geld den Menschen nicht von seiner Seele abschneiden.

Letztlich, so der Pater, müsse das Glück von innen herauskommen, dürfe nicht abhängig sein von Konsum oder dem Urteil anderer Menschen. Wichtig sei auch die Rückkehr zu mehr Realität - etwa bei der Auseinandersetzung mit eigenen Defiziten oder auch in der Einschätzung von Partnerschaft.

Da würden "neoromantische Vorstellungen" nicht weiterhelfen. "Ehe ist keine Glücksveranstaltung, sondern ein andauernder Übungsweg." Dort wie anderswo lohne sich die Freundschaft mit Gott: Sie biete Begleitung und Orientierung zugleich.