Buchloe | maf | Während es gestern bei der Bundes-SPD gewaltige Umwälzungen gab, sprach ein ganz Großer der Sozialdemokraten im Buchloer Stadthotel ruhig im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt. Hans-Jochen Vogel beleuchtete die Rolle der Kirchen in unserer Gesellschaft sowie ihr Verhältnis zur Politik und insbesondere zur SPD.
"Respekt vor Kurt Beck, dass er diesen Vorschlag gemacht hat und Respekt für Steinmeier, dass er sich dieser Aufgabe stellt", so kommentierte Vogel kurz und knapp die Entscheidungen seiner Partei zur Kanzlerkandidatur 2009 und zum Parteivorsitz.
Doch dann wandte er sich schnell dem eigentlichen Thema der Veranstaltung zu. Mit fester Stimme, pointiert und vor allem mit viel Fachwissen zog Vogel die vielen Zuhörer schnell in seinen Bann. Moderiert vom Ostallgäuer SPD-Direktkandidaten für den Landtag, Dr. Paul Wengert, erinnerte Vogel an das viele Jahrzehnte sehr gespannte Verhältnis vor allem zwischen katholischer Kirche und seiner Partei.
Während es am Beginn seiner politischen Arbeit in den 50er Jahren noch gang und gäbe gewesen sei, dass Hirtenworte die Gläubigen am Wahlsonntag in der Kirche vor einem Kreuzchen für die SPD gewarnt hätten, so herrsche nun ein "offenes und freundliches Verhältnis" zwischen seiner Partei und den Kirchen. Dies könne aber durchaus noch vertieft und auch herausgestellt werden. Vor allem zwischen den sozialdemokratischen Grundsätzen und der kirchlichen Soziallehre gebe es "große Übereinstimmungen". Schon Ende des 19. Jahrhunderts habe sich der Vatikan beispielsweise für gerechte Mindestlöhne ausgesprochen. Zwar verliere die Kirche - ebenso wie die Parteien - Mitglieder und auch Akzeptanz in der Gesellschaft.
Doch das Engagement der christlichen Gemeinschaften im sozialen und kulturellen Bereich, die Antworten des Glaubens auf die Frage nach dem Sinn des Lebens und vor allem das Gebot der Nächstenliebe machten die Kirchen zu einem unentbehrlichen Faktor in dieser "immer mehr ökonomisierten Welt", so Vogel. Der SPD-Politiker kommentierte und relativierte auch fachkundig immer wiederkehrende Kritikpunkte an den Kirchen wie die katholische Sexuallehre, das Zölibat, Abtreibung oder die Urteile zu Kruzifixen an Schulen.
Bei der anschließenden Diskussion legte das ehemalige Mitglied des Nationalen Ethikrates zudem ausführlich seine kritische Haltung zur Stammzellenforschung dar.