Stadt hat Vertrag mit Gaststätten, aber nur Eingeweihte wissen davon. Von Robert Domes Kaufbeuren Es gibt in der Altstadt zwei öffentliche Klos, von denen die Öffentlichkeit so gut wie nichts weiß. Dies trat in der Debatte um öffentliche Toiletten im Stadtrat zutage. Schon seit fünf Jahren bezahlt die Stadt an die Aktienbrauerei 9000 Mark im Jahr, damit die Passanten in der 'Traube' und im 'Löwen' auf die Toilette gehen können. Aber Hinweise auf diese Klos finden sich nirgends.
Für die Örtchen gibt es keinerlei Hinweistafeln, sie sind nicht im Stadtplan eingezeichnet und nicht in den diversen Stadtführern. Die beiden Klos sind sozusagen nichtöffentlich. Dabei bezahlt die Stadt seit mehreren Jahren eine Pauschale dafür. Im August 1994 wurde mit der Aktienbrauerei ein Vertrag geschlossen, in dem es um die Nutzung der Passage für Fußgänger geht. Laut diesem Vertrag sollen das Traubengäßle und das Löwengäßle, beide im Besitz der Brauerei, täglich von 7 bis 22 Uhr für die Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Dafür, dass in dieser Zeit die Fußgänger durch die Passagen gehen können, bezahlt die Stadt 2500 Mark im Jahr.
In diesem Vertrag ist auch die Nutzung der Toiletten im 'Löwen' und in der 'Traube' festgelegt. Jeder, der muss, kann also sowohl die im ersten Stock gelegenen 'Traube'-Toiletten als auch die Klos im Keller des 'Löwen' benutzen. Die Stadt zahlt monatlich für die 'Traube' 500 Mark und für den 'Löwen' 250 Mark als Pauschale an die Aktienbrauerei, im Jahr also 9000 Mark. Das Geld soll eine Entschädigung dafür sein, dass diese Klos häufiger genutzt und entsprechend geputzt werden müssen, so OB-Büroleiter Siegfried Knaak. Die Stadt wollte mit dem Vertrag einen rechtlich abgesicherten Status schaffen, meint er. 'Da muss der Nutzer nicht eigens fragen.'
Kein Klo-Recht
Denn ansonsten gebe es kein Recht, wonach man einfach in einem Gasthaus aufs Klo gehen darf. Laut Herbert Geßler, Leiter des Ordnungsamtes, gibt es keine Bestimmung, nach der die WCs in Gaststätten der Allgemeinheit zugänglich sein müssen. Sie seien nur den Gästen vorbehalten. 'Traube' und 'Löwen' hätten sich deshalb für die Allgemeinheit angeboten, weil man hier nicht durch den Gastraum muss, um aufs Klo zu kommen. Allerdings wusste die Öffentlichkeit bislang nichts von diesem Recht. Der Beschluss fiel im August 1994 im geheimen Teil einer Sitzung des Ferienausschusses. Den Bürgern wurde anschließend nicht mitgeteilt, dass sie in den beiden Gasthäusern auf die Toilette gehen können (und dass sie dafür auch mit ihren Steuergeldern mitbezahlen). Der Vertrag läuft seit 1. Januar 1995 und ist auf zehn Jahre abgeschlossen.
Als das Thema jetzt bei den Haushaltsberatungen auf den Tisch kam, meinte SPD-Sprecher Dieter Matthes: 'Es ist schön, wenn die Stadtspitze weiß, dass man dort auf die Toilette gehen kann.' Doch könne das nicht im Sinne des Erfinders sein. Er forderte, dass die WCs in 'Traube' und 'Löwen' ausgeschildert werden. OB Andreas Knie empfahl jedoch, mit einer Beschilderung zurückhaltend zu sein. Nun soll ein Konzept erstellt werden, wie auf die öffentlichen Toiletten hingewiesen werden kann. Das Thema wird laut Knaak den nächsten Verkehrsausschuss beschäftigen. Dieser soll eine geeignete Stelle für ein entsprechendes Hinweisschild finden.
Derzeit laufen auch die Überlegungen im Bauamt, wie mit den 150 000 Mark, die der Stadtrat zur Verfügung stellte, eine neue öffentliche Toilette an der Ecke Kaisergäßchen/Breiter Bach gebaut werden kann.