Schon als Kind wusste Heidi Baumgartner: Eines Tages wird sie Handstickereimeisterin - schließlich hatte schon ihre Großmutter Edelweißhosenträger bestickt. "Sticken ist eine Technik, die bereits vor ein paar tausend Jahren angewendet wurde - eigentlich ab dem Moment, in dem Menschen Kleidung verzierten", beschreibt sie die Faszination, die für sie von dem Handwerk ausgeht. Ein Handwerk, das in Perfektion heute nur noch wenige beherrschen - etwa so komplizierte Techniken wie den Wiener Kreuzstich, der nur unter höchster Konzentration möglich ist. Stickerei sei keineswegs altmodisch, betont die 49-Jährige, sondern sei - wie alle Bereiche - Trends unterworfen.
Vor vier Jahren ist der Beruf allerdings aus der Handwerksrolle herausgefallen - laut Baumgartner gibt es jetzt nur noch eine Handvoll Betriebe, die ausbilden. Daher hat es sich die Oberstdorferin zur Aufgabe gemacht, die alte Kunst zu bewahren, und bereits vor Jahren eine neue Geschäftsidee entwickelt: Sie bietet Stickkurse für jedermann - vom Laien, über Lehrer und Schneider bis hin zu Designern - an. Durch ihre Publikationen hat sie sich in Fachkreisen inzwischen weltweit einen Namen gemacht und Schüler aus verschiedensten Ländern unterrichtet, beispielsweise in Südafrika. Um die zwölf Kurse sind es jährlich, die sie abhält. In der übrigen Zeit erarbeitet sie neue Modelle und Unterlagen.
Vor Ort Lehrer ausgebildet
Ihr neuestes Projekt allerdings basiert auf Ehrenamtlichkeit: Zusammen mit einer Holländerin betreut sie ein Hilfsprojekt für Frauen aus Indonesien. Die Idee: In den Regenwäldern von Sumatra lernen die Frauen, einfache Dinge wie etwa Taschen, kleine Kleidungsstücke oder Brillenetuis zu besticken, um sie dann zu verkaufen. Einen guten Monat war Heidi Baumgartner heuer selbst in Indonesien und hat Lehrer ausgebildet, die nun mit gut hundert Frauen trainieren. "Wir haben uns vor allem auch Webereien angeschaut und überlegt, welche Materialien verarbeitet werden können", erzählt Baumgartner. Die insgesamt vier Wochen in Indonesien - einer für sie völlig anderen Welt - will sie nicht missen: "Unsere Schülerinnen haben Begeisterung pur gezeigt.
" Derzeit konzentriert sich die Oberstdorferin auf ihre eigene Arbeit. Im Winter will sie sich erneut mit "ihren Indonesierinnen" beschäftigen.