Oberstdorf (pts). - Es wird eng für Oberstdorf, wenn die Gemeinde neue Wohnungen und neue Gewerbeflächen schaffen will. Bei der jüngsten Rats-Zusammenkunft, in der eine Frischzellenkur für den 20 Jahre alten Flächennutzungsplans begonnen wurde, fiel es so manchem Bürgerschaftsvertreter wie Schuppen von den Augen. Ringsum verbieten Hochwasser-Rückzugsräume und Überschwemmungsflächen eine Ausdehnung. Für Unruhe sorgte zudem, dass immer mehr Bewohner abwandern. Oberstdorf hat in den vergangenen zehn Jahren acht Prozent seiner Bürger verloren und ist längst unter die 10 000-Einwohner-Grenze gerutscht. Eine Sisyphusarbeit erwartet die Kommunalpolitiker. In den nächsten zwei Jahren soll die betagte Planungsgrundlage für den Tourismusort so auf Vordermann gebracht werden, dass das Konzept für die Siedlungsentwicklung und den Umweltschutz trotz der schnelllebigen Zeit zumindest für zehn bis 15 Jahre Bestand hat. Um den Denk- und Arbeitsprozess bewältigen zu können, bei dem Bürgerbeteiligungen und Behördenanhörungen gleich mehrfach vorgeschrieben sind, hat sich die Marktgemeinde mit dem Augsburger Planungsbüro Opla Berater an die Seite geholt, welche die Kommune bei dieser Zukunftsperspektive die Augen öffnen sollen.
Überalterung im Ort Die bereits vorab bei übergeordneten Stellen eingeholten Planungsvorgaben und Statistik-Grundlagen für den neuen Flächennutzungsplan und den begleitenden Landschaftsplan ließen so manches Ratsmitglied stutzen. Dass so viele Bürger dem Ort unterm Nebelhorn Jahr für Jahr den Rücken kehren und die Überalterung der Bewohner um sich greift, hätten sie in diesem Ausmaß nicht vermutet. Dabei hat dies gravierende Auswirkungen darauf, ob neue Wohngebiete geschaffen werden müssen und wo man Gewerbe ansiedeln sollte, um Arbeitsplätze für junge Einheimische entstehen zu lassen, damit nicht auch sie Oberstdorf verlassen. 'Der demografische Wandel hat die Gemeinde schneller eingeholt als andere bayerische Kommunen', stellte Berater Dipl-Ing. Werner Dehm ernüchtert fest. Für Bürgermeister Thomas Müller zeigt sich eine 'brandgefährliche Entwicklung' auf, wenn mit dem Instrumentarium Flächennutzungsplan nicht gegengesteuert wird. CSU-Rat Jürnjakob Reisigl will nicht allein darauf bauen, dass ehemalige Urlaubsgäste, die ihren Lebensabend in Oberstdorf verbringen möchten, das Manko schon ausgleichen werden. Er brachte angesichts des teuren Pflasters unterm Nebelhorn sogar Mietkostenzuschüsse für junge Familien ins Spiel. So viel neues Bau- und Gewerbegelände, möglicherweise am 'Geiger-Kreisel' im Norden des Tourismusziels, sollte gar nicht ausgewiesen werden, erhoben mahnend der CSU-Fraktionsvorsitzende Edmund Seiller und der FW-Fraktionschef Martin Geißler die Stimme. Viel grüne Wiese dafür ist eh nicht vorhanden, wie die Kartierung des Wasserwirtschaftsamts mit zahlreichen Tabu-Zonen aufzeigte. Dagegen anzukämpfen wird schwer, machte der für den Landschaftsplan zuständige Berater Stefan Stern (Planungsbüro 'Stadt-Land-See', Lindau) den Räten klar. Wenigstens Windkraftanlagen mit riesigen Metall-Spargeln im südlichsten Allgäu-Winkel sollen durch den neuen Flächennutzungsplan verhindert werden. Der Gemeinderat wird in den nächsten 24 Monaten noch viel Diskussionsstoff haben, zumal die Planungsziele erst ganz grob umrissen sind. Die Bürger sollen jedoch frühzeitig mitreden und Vorschläge einbringen können, sicherte Rathauschef Müller zu.