Kempten (kk). - Als er gegen 2.30 Uhr aufwacht, hat Walter Hobmeier bereits ein schlechtes Gefühl. Er kann nicht mehr einschlafen - beobachtet immer wieder von seinem Fenster in der Brennergasse aus die Iller. Es wird morgen: Der Flusspegel steigt und steigt. Und mit ihm die Angst vor dem Wasser. Gegen Mittag entscheiden sich die Einsatzkräfte, mehrere Häuser in der Nähe der St. Mang Brücke zu evakuieren. Auch der 43-Jährige muss mit seiner Freundin aus der Wohnung. 'Alles was ich mitgenommen habe, trage ich an meinem Leib', erzählt der Kemptener. Seine Hände zittern - noch immer ist ihm der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Gemeinsam mit knapp 200 Menschen wurde er ins 'Auffanglager' in der Big Box Allgäu gebracht und von Hilfskräften versorgt.
Dort sitzt auch Alfred Reng mit seiner Familie aus der Pulvergasse. Vor sechs Jahren sei das Hochwasser zwar ähnlich gewesen, 'aber nicht so schlimm wie dieses Mal', meint der 49-Jährige. Damals habe schließlich niemand das Haus verlassen müssen, fügt Christa Seker (55) aus der Brennergasse hinzu. Plötzlich eine Durchsage: Der Hochwasserpegel betrage mittlerweile 6,41 Meter. Einige Bewohner hören kurz auf zu essen, werden nachdenklich, erinnern sich an das Pfingsthochwasser 1999. 'Um acht Uhr habe ich mein Auto in Sicherheit gebracht. Da war der Pegel so hoch wie 1999', erzählt beispielsweise Alois Dupin. So etwas wie gestern habe er in seinen 67 Jahren nicht erlebt. Lediglich ein Handtuch und seine Zahnbürste habe er einpacken können, bevor er alles stehen und liegen lassen musste. 'Das Schlimmste waren für mich die Schaulustigen', schimpft Michaela Rathmacher. Anstatt zu helfen seien die nur dumm rumgestanden - einige hätten sogar ihre Kinder zum Zuschauen auf die Illermmauer gesetzt. Die Hilfskräfte hätten dagegen hervorragende Arbeit geleistet, betont die Sprecherin einer Anlage für integriertes Wohnen. Alles was sie sich und ihrer kleinen Tochter jetzt wünsche, sei wieder gesund im eigenen Bett zu schlafen. Walter Hobmeier Alois Dupin M. Rathmacher