Von Michael Dumler|KemptenManche Bücher oder Schriften sind so ausladend und wiegen so schwer, dass sie am besten auf dem Boden Platz finden, und dass man um sie einen Bogen machen muss: 'Schriftstücke, 5-teilig' nennt der Irseer Bildhauer Peter R. Müller seinen im Eingangsbereich des Hofgartensaals der Kemptener Residenz hingeworfenen Blickfang aus gestapelten, rostigen Metallblätter. Müller ist einer von 76 Künstlern aus der Region, die bei der Jahresausstellung des Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK) Schwaben-Süd vertreten sind.
89 Bilder, Grafiken, Plastiken, Objekte und Fotografien, die nicht älter als zwei Jahre sind, erwarten den Besucher. Hinzu kommt im angrenzenden Fürstensaal eine kleine, feine Schau von Christian Hörl, der heuer den BBK-Kollegenpreis erhielt (siehe links).
Heterogenität ist ein Markenzeichen der traditionsreichen Jahresausstellung. Der fehlende rote Faden wird naturgemäß wettgemacht durch einen repräsentativen Querschnitt. Große, positiv ode negativ überraschende Entwürfe sucht man auch heuer vergebens. Dennoch laden viele qualitativ überzeugende Kunstwerke zum Dialogisieren ein.
Furchen und Verstümmelungen
Neben Müllers Schriftstücken sicherlich auch das größte Objekt der Ausstellung. Gefallene Helden/Gestürzte Denkmäler nennt der Wiggensbacher Künstler Stephan Rustige seine bizarr-blaue Skulptur aus Weidenholz: Wie ein gestrandetes Treibgut erscheint es von weitem. In der Nahsicht offenbaren sich Furchen, Einkerbungen, Verletzungen und Verstümmelungen. Verletzbar und zerbrechlich zugleich erscheint Josef Wehrles (Unteropfingen) geschnitztes Figuren-Ensemble, das vier nackte ausgemergelte alte Menschen zeigt.
Streng und kubisch-kühl und dennoch anziehend ist Karl Maurers (Günzach) Granit-Stahlarbeit Zweikubentor II, während Margarita Markins (Weingarten) Tonarbeit 'Versteinert' weichen Formen nachspürt. Witzig, nur leider auf dem Boden schlecht präsentiert ist die 'Würfelwiege' von Benedikt Zinth (Oberschönegg).
Magische Anziehungskraft hat ein Lichtkasten des Immenstädters Jürgen 'Giorgio' Moos (rosso, il colore d’amore). Auf den ersten Blick nüchtern, auf den zweiten Blick vielschichtig erscheinen die großformatig-abstrakten monochromen und mit strengen Linien aufwartenden Sand-Acryl-Arbeiten von Manfred Küchle (Dietmannsried). Eine graue schwarze Sinnlichkeit geht von den der vierteiligen Foto-Serie (auf Dibond) 'A - wie weggeblasen' des Kempteners Oliver Köhl aus. Bekanntes variieren unter anderem Karin Scheithe-Kühnbach (Dietmannsried), Manfred Maussner (Immenstadt) oder auch Gertraud Küchle-Braun (Dietmannsried).
P.S. Kunst ist in der Regel auch zum Kaufen da: Groß ist dabei die Preisspanne der ausgestellten Werke. Sie reicht von 85 Euro (Fotografien von Sylvia Kubecka, Kempten) bis hin zu 13 000 Euro (eine moderne 'Krippe' aus Lindenholz von Marion Werner, Steingaden).
Öffnungszeiten der Ausstellung (bis 9. Dezember). Dienstag bis Freitag 15-18 Uhr, Samstag und Sonntag 12-18 Uhr.