Unternehmen: Zahlen soll, wer Zwangsarbeiter hatte Kempten (se). Zurückhaltend reagieren die meisten Kemptener Unternehmen auf den Appell von Wirtschaftsverbänden und Stadt, sich am Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter in der Nazi-Zeit zu beteiligen. 'Erst sollen die zahlen, die wirklich Zwangsarbeiter beschäftigt haben', hieß es aus vielen Chefetagen auf eine Rundfrage der AZ. Einige Geschäftsführer unterstützen dagegen die Initiative, einen Ausgleich für die geschundenen Menschen zu schaffen.
Juristisch betrachtet gebe es zwar keine Verbindung der Ott-Messtechnik zu Vorgänger-Unternehmen, die in der Nazi-Zeit aktiv waren. Dennoch spricht Geschäftsführer Heinrich Baur von einer 'moralischen Verpflichtung', aus der er sich nicht 'davonstehlen' werde. Zwar wisse er nicht, inwiefern Zwangsarbeiter gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in Firmen namens Ott rekrutiert waren. Zweifellos seien die Betriebe aber in die Rüstungsproduktion eingebunden gewesen, erklärt Baur: 'Also sehe ich mich da nicht außen vor.'
Als 'unternehmerische Entscheidung jedes einzelnen Betriebs' betrachtet Mario Trunzer, Vorsitzender des Industrie- und Handelsgremiums (IHG), die Beteiligung am Entschädigungsfonds. Das IHG werde jedenfalls keinen weiteren Appell an die Betriebe richten. Für die Firma Liebherr, deren Geschäftsführer Trunzer ist, gebe es keine direkte Verknüpfung zur Zwangsarbeit unter dem NS-Regime: 'Das Unternehmen wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet.' Eine Beteiligung am vieldiskutierten Fonds bleibe 'ins Benehmen des Gesellschafters gestellt'. Trunzer ist bisher keine konkrete Planung bekannt.
'Ich befürworte die Initiative', sagt Johann Schöttl, Chef der Markthalle in Sankt Mang: 'Wir selbst haben allerdings keinerlei Berührungspunkte.' Sein Unternehmen sei erst 40 Jahre alt. Aufs Gründungsjahr 1946 verweist Saurer-Allma-Geschäftsführer Einhard Osterrath: 'Erst einmal sollen sich die Konzerne einbringen, die Zwangsarbeiter hatten.'
'Billige' fünf Milliarden
Unbedingt für eine Entschädigung der Zwangsarbeiter spricht sich Bernd Kuhn, Direktor des Allgäuer Überlandwerks (AÜW), aus. Mit fünf Milliarden Mark, die deutsche Unternehmen aufbringen sollen, komme die Wirtschaft 'billig weg'. Kuhns Ansicht nach sollten zunächst die Betriebe in den Fonds einzahlen, die seinerzeit Zwangsdienste in Anspruch nahmen. Ob dies für das AÜW zutreffe, wisse er noch nicht.