Bisherige Führung wird bei der Jahreshauptversammlung nicht entlastet und findet keine Nachfolger. Von unserem Redaktionsmitglied Jürgen Lutz Memmingen Altehrwürdig ist der FC Memmingen allemal. 92 Jahre dauert inzwischen seine Geschichte. Doch das Kapitel 'Jahreshauptversammlung 1999' ist ein rabenschwarzes in der Historie des Fußball-Bayernligisten. Als gegen Ende der vierstündigen Veranstaltung der Vorstand von den Mitgliedern nicht entlastet wurde, geriet die Angelegenheit zur unwürdigen Provinzposse. Der fünfköpfige Vorstand trat komplett zurück, ein neues Gremium wurde nicht gewählt. So blieb dem FCM gestern morgen nur der Weg zum Amtsgericht Memmingen, um dort den Antrag zu stellen, dass ein sogenannter 'Notvorstand' (siehe Wortweiser) bestellt wird.
Die Ära des umstrittenen Hubert Geiger beim FC Memmingen ist seit Donnerstag Abend beendet. Er trat von seinem Amt als Vorsitzender zurück. Seine Stellvertreter Jürgen Stedtnitz und Adolf Linder taten es ihm gleich. Geschäftsführer Walter Liepert und Schatzmeisterin Rosi Göser schlossen sich an. Entlastet wurde das Gremium jedoch nicht. Deshalb werden Geiger und seine Mitstreiter so schnell noch keine Ruhe vom FCM haben. Ein Notvorstand, der in den nächsten Tagen vom Amtsgericht Memmingen bestellt wird, soll die finanzielle Lage des Vereins klären und den Club solange führen, bis auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ein neuer Vorstand gewählt wird. Das auf der Versammlung bekannt gewordene Minus in der Kasse beträgt mindestens 305 000 Mark. Sollte den ehemaligen Vorstandsmitgliedern nachgewiesen werden, dass sie unrechtmäßig gehandelt und so den Schuldenberg bewusst in Kauf genommen haben (was Vereinsrecht widerspricht), würden sie mit ihrem Privat-Vermögen haften. Ansonsten muss der Verein die 'Miesen' auffangen.
Dies zu klären, dem FCM zu helfen und ihn letztlich vor der Pleite zu retten hatte sich eine Gruppe um Peter Santihanser, dem ehemaligen Vorsitzenden des Finanzausschusses, auf die Fahne geschrieben. Deshalb brachte sie einen Antrag ein, dass bei der Jahreshauptversammlung ein Notvorstand gewählt wird, der als Untersuchungsausschuss die Umstände klären soll, die zu der hohen Verschuldung unter Geigers Vorsitz im erstwen Geschäftshalbjahr führten. Einen Notvorstand, so Liepert, sehe die Satzung des Vereins ebensowenig vor wie eine Einzelentlastung der Vorstandsmitglieder.
So kam der Antrag gar nicht erst zur Abstimmung. Bei der Neuwahl der vakanten Vorstandsposten wollte die Gruppe um Santihanser dann kein Amt übernehmen. Den Vorwurf, sich aus der Verantwortung zu stehlen, kommentierte Santihanser so: 'Es war zu kurzfristig, um sich von der einen auf die andere Sekunde zu entscheiden. Wir wollen die Angelegenheit überschlafen und bitten bis Dienstag um Bedenkzeit.' Santihanser gesteht ein, dass auch er und sein Team Fehler gemacht hätten. Er beklagt 'Auch wenn die Abstimmung ungültig gewesen wäre, so hätten wir wenigstens ein Votum gehabt, ob uns die Mitglieder überhaupt wollen.'
Kein Verständnis für die Situation beim FC Memmingen hatte Mannschaftssprecher Stefan Keller: 'Die Mannschaft kommt sich verschaukelt vor. Abmachungen vom Sommer wurden schon im Oktober nicht mehr eingehalten. Wie schaut es denn wirklich mit den Zahlen aus?'