Von Reinhold Löchle, Marktoberdorf - Fertigt Rösle künftig nicht nur Seiher, Streuer und einfache Schüsseln in China, sondern auch hochwertige Schüsseln, Dosen und mehr? Diese Frage beschäftigt derzeit stark die Mitarbeiter der Marktoberdorfer Metallwarenfabrik. Denn mit den Produktionsverlagerungen wären bis zu 20 Kündigungen in den nächsten 12 bis 18 Monaten verbunden. Dies hatte Geschäftsführer Matthias Mezger-Boehringer kürzlich bei einer Betriebsversammlung angekündigt, allerdings mit der Einschränkung, der Unternehmensbeirat und auch der Joint-Venture-Partner in China müssten dem noch zustimmen. Der Beirat beschloss nun in den letzten Tagen, dass zum einen ein Zeitplan für das Vorhaben aufgestellt, zum andern aber die Verlagerung der einzelnen Produktionsbereiche nochmals gründlich auf ihre betriebswirtschaftlichen Vor- und Nachteile geprüft werden soll. Inwieweit das Ergebnis den geplanten Stellenabbau beeinflussen wird, ist noch offen. Deshalb äußert sich Mezger-Boehringer dazu nur vage: 'Betriebsbedingte Kündigungen können nicht ausgeschlossen werden.' Nach Angaben des Geschäftsführers zwingen die 'andauernde Konjunkturflaute, gravierende Umsatzrückgänge im Einzelhandel und steigende Kosten auf Grund finanzpolitischer Entscheidungen der Bundesregierung' zu der Überlegung, noch weitere Teile der Küchenwerkzeug-Fertigung nach China zu verlagern. Aufgrund der flauen Geschäftslage wurde bereits im vierten Quartal 2002 zehn Mitarbeitern gekündigt. Für sie wurde ein Sozialplan erstellt. Dies sind aber nicht die einzigen Stellen, die Rösle dieses Jahr abbaute: 30 weitere Arbeitsplätze wurden im Zuge von Altersteilzeit, natürlicher Fluktuation oder Ruhestand frei und nicht mehr besetzt. So bietet das Unternehmen derzeit noch knapp 290 Beschäftigten Arbeit, wobei 175 bei Rösle selbst (inklusive Verwaltung) und 112 bei der Tochterfirma Grömo tätig sind. Ob nun tatsächlich weitere Produktionsbereiche aus Marktoberdorf in das chinesische Werk, das 2001 eröffnet und als Joint Venture mit einem österreichischen Partner betrieben wird, verlegt werden, hängt von den Kostenüberprüfungen ab, mit denen der Beirat die Geschäftsführung beauftragt hat. Jeder für eine China-Fertigung in Frage kommende Bereich komme 'auf den Prüfstand', so Mezger-Boehringer.
Erst wenn ein Kostenvergleich unter Berücksichtigung aller Faktoren vorliege, werde entschieden, welche der ursprünglich ausgewählten Teile künftig in Sha Ping gefertigt werden. Dort seien die Herstellungskosten nur halb so hoch wie in Deutschland. Komme es zu Kündigungen, wolle man diese durch Altersteilzeitregelungen und Fluktuation 'so niedrig wie möglich halten'. Sollte die Entscheidung fallen, künftig auch die bauchigen Schüsseln, Dosen , Küchenablagen und Grillzangen im Ausland herzustellen, verbliebe in Marktoberdorf nur noch die Produktion von Löffeln, Reiben und Hobeln. Eine Komplettverlagerung nach China hält Mezger-Boehringer 'nach dem derzeitigen Stand für ausgeschlossen - wir wollen die Produktionskompetenz in Marktoberdorf erhalten'. Derzeit sind hier 40 Mitarbeiter in der direkten Produktion von Küchenzubehör tätig. Die Konjunkturflaute trifft aber nicht nur Rösle, sondern auch die Tochter Grömo. Deren Geschäft ist besonders von der schlechten Lage des Baugewerbes betroffen. Bei Grömo habe man jedoch die Produktionskapazitäten der zurückgehenden Nachfrage anpassen können, ein Personalabbau sei nicht geplant. Weitere Maßnahmen, die Situation bei Rösle und Grömo zu verbessern, sind nach Angaben des für beide Firmen verantwortlichen Geschäftsführers ein straffes Kostenmanagement, mehr zukunfträchtige Produktinnovationen und verstärkte Exportaktivitäten. Die Metallwarenfabrik Rösle machte 2001 insgesamt 92,6 Mio. Mark Umsatz, wobei auf Rösle 47,2 und auf Grömo 45,4 Mio. entfielen. Die Zahlen für 2002 will Mezger-Boehringer bei der Weihnachtsfeier bekannt geben.