Marlis Tenberge gründet eine Meditationsgruppe in Füssen Füssen (jac). Wie wild die eigenen Gedanken im Kopf herumspringen, merkt der Geist, wenn er ruht. Vom Gestern ins Morgen, von einem längst vergangenen Gespräch zu neuen Plänen: Ideen, Erinnerungen und Ängste sprießen unaufhörlich, bis im Dschungel der Grübeleien kein Pfad mehr zu erkennen ist. Über den Gedanken zu stehen, sich nicht damit zu identifizieren, ist eines der Ziele, das Marlis Tenberge mit Hilfe von Meditation erreichen will. Die Füssener Psychologin gründet derzeit mit zwei Freundinnen eine Meditationsgruppe.
Bloß keine Weltflüchter seien sie, sondern stünden mitten im Leben, sagt Marlis Tenberge von sich und ihren buddhistischen Freunden. Die Lehren des Buddha haben die Wahlfüssenerin schon als junges Mädchen fasziniert. Doch sie hielt zunächst Abstand, wollte nicht in eine "esoterische Schublade" gesteckt werden. Seit sie sich beim Meditieren "zu Hause fühlt" und spürt, dass die Übungen sie weiterbringen, sagt sie von sich, sie praktiziere den Buddhismus. Was der "streng katholisch erzogenen" am Buddhismus gefällt ist, dass die Überlieferungen keine Dogmen kennen. "Glaubt nichts, sondern meditiert selbst und schaut, ob es stimmt, was man dadurch erreichen kann", laute vielmehr die Aufforderung. Um ihre Meditationserfahrungen möchte sie nicht "zu viel Brimborium veranstalten". Darüber zu sprechen fördere nur, dass sich die Praktizierenden vergleichen und vom Eigentlichen abgelenkt werden. Dieses Eigentliche seien "fünf erleuchtete Qualitäten": Liebe, Furchtlosigkeit, höchste Weisheit, Mitgefühl und höchste Freude, unabhängig von guten oder schlechten Erfahrungen im Alltag. Der buddhistischen Lehre gemäß trägt sie jeder in sich. "Aber die persönlichen Konzepte sind so starr, dass wir sie nicht erkennen", erklärt Tenberge. Wenn man erleuchtet ist, habe man die höchsten Möglichkeiten, zum Wohle aller handeln und anderen helfen, ist Tenberges Überzeugung. In der Meditation wird geübt, die Gedanken vorüberziehen zu lassen wie Wolken, ohne danach zu greifen. Sechs Teilnehmer treffen sich bisher einmal in der Woche in der Praxis von Marlis Tenberge, die sich über Zuwachs jederzeit freut. Die 42-Jährige ist Mitinitiatorin einer Gruppe, die den "Diamantweg" beschreitet. Der Däne Lama Ole Nydal lehrt diese Form des tibetischen Buddhismus seit 1972 im Wes- ten. Auf ihn bezieht sich die Gruppe. Wenn ein neugieriger Gast die Schuhe im Flur ausgezogen hat und sich im Schneidersitz auf dem Teppich niederlässt, bekommt er erst einmal eine Tasse Tee gereicht. Dann erklärt die Psychologin zunächst die Grundzüge der Lehre und den Sinn der Meditationsübung. Als Stütze stellen sich die Meditierenden in dieser Gruppe den Idealzustand der Erleuchtung als eine Buddhaform vor. So erreiche man eine Art Rückkopplungseffekt und "die erleuchteten Eigenschaften können nach vorne kommen", erklärt Tenberge. Nach der Meditation stimmen die Buddhis- ten in einen tibetischen Schutzgesang ein. Drei von ihnen singen die 43 Verse rhythmischen, fremdsprachigen Gesangs ohne Text- heft. Ihr Aufatmen mündet in schallendes Gelächter. Walter Notter berichtet: "Ich dachte früher, dass ich das in 20 Jahren nicht auswendig kann, und plötzlich" und schnippt mit dem Finger. Und weil es gerade so zur ausgelassenen Stimmung passt, erzählt er zum Abschied noch einen "buddhistischen Witz": "Wer Katzen nicht mag, muss im früheren Leben eine Maus gewesen sein."Die Meditationsgruppe trifft sich Montags um 20 Uhr in der Praxis von Marlis Tenberge in der Kemptener Straße 2. Ein Vortrag zur Einführung in den Buddhismus findet am Donnerstag, 13. September, um 20 Uhr im Hotel Müller in Hohenschwangau statt.