Kempten (mun). Es ist farblos wie klares Wasser, fast geschmacks- und geruchsneutral: Die Rede ist von 'liquid Ecstasy' (flüssiges Ecstasy), einer neuen Partydroge. Dabei ist der Name irreführend: Mit Ecstasy hat der Stoff mit der offiziellen Bezeichnung Gamma-Hydroxy-Buttersäure (GHB) gar nichts zu tun. Drogen-Experten vermuten, dass der Begriff flüssiges Ecstasy aus 'verkaufstaktischen Gründen' verwendet wird. Erst kürzlich konnte die Kriminalpolizei Kempten mit zwei Litern die bisher größte Menge GHB im Allgäu sicher stellen. Der Marktwert dieser rund 1000 Konsumeinheiten lag bei etwa 10 000 Euro, berichtet Kemptens Kripo-Chef Albert Müller. Gamma-Hydroxy-Buttersäure wurde in den 60er Jahren als medizinisches Narkosemittel verwendet, wegen der starken Nebenwirkungen aber schon bald kaum mehr eingesetzt. Seit den frühen 80er Jahren gewann der chemische Stoff in der Bodybuilding-Szene zunehmend an Interesse, da es das Muskelwachstum positiv beeinflussen kann. Ein Grundstoff, der zur Herstellung von GHB benötigt wird, ist die unter anderem in Lösungsmitteln vorkommende Industrie-Chemikalie Gamma-Butyrolacton (GBL). Auch dieser Stoff wird missbräuchlich als synthetische Droge verwendet.'GHB ist eine äußerst gefährliche Partydroge', betont Kripo-Chef Müller. Bekannt geworden sei sie auch in Form so genannter K. O.
-Tropfen. Mit ihnen sollen in mehreren Fällen Menschen willenlos gemacht worden sein. Bei einer niedrigen Dosierung von GHB kommt es zu einer Absenkung der Hemmschwelle wie bei Alkohol. Eine mittlere Dosierung kann zu Euphorie und halluzinogenen Effekten führen, während hohe Dosen den Gefühlszustand ins Gegenteil verkehren. Die Folgen können dann bis hin zu Schwindelgefühlen, Übelkeit, Bewusstlosigkeit und Atemstillstand reichen, heißt es in einem Infopapier des Bundeskriminalamtes. Der Stoff gilt seit März 2002 juristisch als Betäubungsmittel. Somit ist ein Handel damit verboten. Da die Partydroge in der Techno- oder Rapperszene auch im Allgäu zunehmend weit verbreitet ist, kommt es bei Konsumenten auch häufig zur gleichzeitigen Einnahme zusammen mit Ecstasy, Alkohol und anderen Drogen. 'Die Wirkungen und Folgen sind dabei dann kaum mehr abschätzbar', schildert Müller. Bisher sei im Allgäu sechs Mal GHB sichergestellt worden, so die Kripo. Die Verbreitung der Droge hänge auch mit der leichten Herstellung zusammen, glaubt Müller. Neben der relativ problemlos erhältlichen Industrie-Chemikalie GBL braucht man lediglich Alkohol und eine Salzlösung. Da die Substanz gut wasserlöslich und fast geschmacksneutral ist, kann sie auch leicht einem anderen Getränk beigemischt werden, ohne dass der Trinkende etwas bemerkt. In mehreren Fällen prüft die Kripo derzeit, ob bei Vergewaltigungen die neue Partydroge eine Rolle gespielt hat.