Von unserem Redaktionsmitglied Thomas Weiß, Altusried - Ulrich Immler zu erreichen, ist schwierig. In diesen Tagen noch schwieriger als zuvor. 'Nein, der Papa steht gerade im Teich', ließ uns seine Tochter Lisa-Marie (9) in dieser Woche am Telefon wissen. Auch Versuch Nummer zwei am folgenden Tag scheiterte. 'Nein, der Ulli ist in d'Berg gegangen', so seine Frau ??? . Gartenarbeit und Skitouren, das sind die Beschäftigungen eines Fußball-Trainers, der kein Fußball-Trainer mehr ist. Vor gut zwei Wochen hat Immler sein Amt beim Kreisklassen-Club TSV Altusried abgegeben. Nicht wie üblich wegen Erfolglosigkeit oder eines internen Zerwürfnisses, sondern freiwillig. Immler hatte seinen Spielern stets Disziplin gepredigt, einmal - und das folgenschwer - aber selbst gegen seine Prinzipien verstoßen. Es war vor dem prestigeträchtigen Duell gegen den Nachbarn TSV Dietmannsried, als die ungewöhnliche Geschichte seinen Lauf nahm. Einen seiner besten Spieler, den 21-jährigen Benjamin Kofler, strafte er mit der Ersatzbank, weil dieser in den zwei vorangegangenen Spielen zweimal mit Gelb-Rot vom Platz geflogen war - wegen Meckerns. Dann das Derby. 20. Minute: Es steht noch 0:0. Weil sich ein Altusrieder Spieler verletzt hat, endet Koflers Besinnungszeit. Er ist der einzige Mann auf der Ersatzbank. Immler schickt ihn aufs Feld. 39. Minute: ein zweiter Altusrieder Akteur muss verletzt vom Platz. Mangels Masse wechselt sich der 43-jährige Immler selbst ein. 42. Minute: Immler ist mit einer Entscheidung des jungen Bezirksliga-Schiedsrichter Lothar Ostheimer (Sulzberg) nicht zufrieden, meckert und sieht Gelb. 48. Minute: Dietmannsried geht 1:0 in Führung. 59. Minute: Altusried hat die große Chance zum Ausgleich. Doch der Unparteiische pfeift einen vermeintlichen Vorteil ab. Wie von der Tarantel gestochen, rennt Immler 20 Meter auf den Unparteiischen zu und beschwert sich. Ostheimer (19) zu Immler (43): 'Das haben wir gleich'. Gelb-Rot. Und Tschüss. Dietmannsried schießt in 30 Minuten gegen zehn Altusrieder noch fünf Tore - der TSV geht 0:6 unter. Noch während dieser halben Stunden entscheidet sich Immler, zurückzutreten. Auch wenn einige seiner Spieler hinterher gesagt hätten, 'Mit einer gscheiten Brotzeit und einem Kasten Bier ist die Sache vergessen', glaubt Immler, dass seine Entscheidung richtig war: 'Man wird als Trainer doch unglaubwürdig, wenn man ständig an die Disziplin appelliert und sie dann selbst missachtet'. Wobei er einräumt, dass diese 20 Minuten gegen Dietmannsried nicht allein ausschlaggebend für seinen Rücktritt gewesen seien. 'Es haben in der Mannschaft nicht alle an einem Strang gezogen'. Während die Abteilungsleitung mittelfristig den Aufstieg im Visier habe, würden es einige Spieler vorziehen, 'mitten in der Saison einen Wellness-Urlaub zu machen, Tennis zu spielen oder sonstigen Hobbys nachzugehen.' Unverständlich für einen, der 35 Jahre für den Fußball gelebt hat. Aller Voraussicht nach war's das jetzt - mit Immler und dem Fußball. Er, der in Buchenberg das Kicker-Einmaleins lernte, in der Jugend bei Kottern und dann zehn Jahre in Altusried spielte, der als Jung-Trainer in Altusried scheiterte, dann als Co-Trainer beim TSV Kottern von Günther Bayer und Peter Jendrosch profitierte und zuletzt nach zehn Jahren als Coach beim TSV Buchenberg gegangen wurde, dieser Ulrich Immler kann sich ein Leben nach dem Fußball durchaus vorstellen. Sich nach der Arbeit als Naturheilpraktiker und Masseur bei der Bundeswehr mehr seiner Familie widmen, auf Skitouren gehen oder im Garten werkeln, 'ich glaub' nicht, dass es mir langweilig wird'.
Lob vom Abteilungsleiter Und der TSV Altusried? Abteilungsleiter Georg Unglert bedauert den Verlust des Trainers. Immler habe einen super Job gemacht. Dennoch akzeptiere er den 'höchst konsequenten' Schritt Immlers. Bis zum Saisonende leiten Assistent Franz Kohler und Spielführer Robert Kronschnabl das Training. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich für Unglert äußerst schwierig. Etwa 20 Absagen habe er sich schon eingehandelt. Dabei warten auf den künftigen Trainer des TSV große Aufgaben. Denn mit großer Wahrscheinlichkeit wird mit dem SV Krugzell 'fusioniert'. Das Risiko, dass sich ein Trainer dann mangels Alternativen selbst einwechseln muss und vielleicht auch noch vom Platz fliegt, dürfte damit so gut wie ausgeschlossen sein.