"Ist Napoleon an allem schuld?" Mit dieser Frage befasst sich das Kornhaus-Seminar in Weiler von Donnerstag, 14., bis Samstag, 16. Mai in insgesamt elf öffentlichen Veranstaltungen. Gemeinsam mit dem Augsburger Professor Dr. Karl Filser haben Gerd Zimmer und der Westallgäuer Heimatverein das Seminar organisiert. Es geht um die Auswirkungen die Eingriffe Napoleon Bonapartes und seiner Truppen in das Deutsche Reich um 1809 auf das Westallgäu und angrenzende Regionen. Der Anspruch der Veranstalter ist es, die Themen auf wissenschaftlichem Niveau auch für Laien verständlich darzustellen.
Die 35 bis 40 Minuten langen Referate beleuchten die turbulenten Jahre um 1809 aus verschiedenen Perspektiven. Sie behandeln unter anderem die Aufstände der Vorarlberger und Westallgäuer gegen Franzosen und Bayern, die Zersplitterung des Reiches Deutscher Nation und das Ende der Herrschaft Königsegg-Rothenfels in Oberstaufen. Auch die Südtiroler Geschichte mit dem Freiheitshelden Andreas Hofer kommt zur Sprache. Ein persönliches Anliegen war es Gerd Zimmer, an die vor 200 Jahren in der Region weit verbreiteten Passionsspiele zu erinnern. "In vielen Dörfern wurde gespielt vom Morgen bis zum Abend", sagt er. Als die Menschen die Spiele jedoch politisierten und in ihre Aufführungen Kritik an den verhassten Bayern einbauten, seien sie verboten worden.
Der Auftakt des Kornhausseminars sorgt allerdings schon vorab für Wirbel. Am Donnerstag um 20 Uhr wird der Film "Kolberg" gezeigt. Bei dem Streifen, der die Verteidigung einer Festung in Pommern (heute Polen) gegen die Truppen Napoleons thematisiert, handelt es sich um einen Propagandafilm aus dem Jahr 1945. Reichspropagandaminister Joseph Goebbels ordnete die Produktion an, um den Durchhaltewillen der Deutschen im bereits verlorenen Krieg zu stärken.
Scharfe Kritik an der Aufführung des Films - der von Professor Filser in einer Einführung erläutert wird - hat Architekt Hellmut Ambos aus Siebers (Weiler) in einem offenen Brief an Ortsheimatpfleger Gerd Zimmer geäußert. Er nennt den Film "Kolberg" einen "triefend pathetischen Kostümfilm".
Ihn zu zeigen wäre nach Ansicht Ambos dann in Ordnung, wenn das Kornhausseminar "Propaganda und Ideologie in Spielfilmen" erörten würde. "Als Eröffnungsfilm eines Seminars über die Ambivalenz in der Auseinandersetzung zwischen Reaktion und Moderne und den territorialen Verschiebungen Anfang des 19. Jahrhunderts ist der Nazidurchhaltefilm in jeder Interpretation fehl am Platz, das ändert auch nicht, dass hier wie dort Napoleon vorkommt", so Ambos. Er fürchtet einen Imageschaden für die Gemeinde Weiler-Simmerberg und fordert die Veranstalter auf, "Kolberg" abzusetzen.
Gerd Zimmer will die Filmvorführung freilich ganz anders verstanden wissen: "Wir wollen zeigen, mit welchen Methoden die Propaganda der Nazis gearbeitet hat", sagt er und verweist darauf, dass Professor Dr. Karl Filser mit Erläuterungen zum Film den entsprechenden Kontext herstellen wird.
Filser, der den Film nicht ausgewählt, aber dem Vorschlag Zimmers zugestimmt hat, erklärt: "Es geht darum zu verdeutlichen, wie mit Geschichte Politik gemacht wird." Zur Kritik von Hellmut Ambos vermutet der Historiker: "Dahinter steht der Zweifel, ob die Leute heute politisch so mündig sind, dass man ihnen so etwas zeigen kann." In seinen Augen stehe das außer Frage. Auch in Augsburg sei der Streifen im Rahmen eines Seminars im Kino gelaufen und auf großes Interesse gestoßen. "Aber wir haben keine Rechtsradikalen angezogen. Es gab im Gegenteil fruchtbare Diskussionen über diese Glorifizierung eines gescheiterten Krieges."
Die Vorträge im Kornhaus Weiler werden auch von einer Ausstellung begleitet. Sie beschreibt mit Exponaten aus dem Stadtarchiv Augsburg "Die Anfänge des Regierungsbezirks Schwaben" und umreisst die Zeit zwischen 1808 und 1838.