Von Simone Schmid (Text) und Jörg Schollenbruch (Fotos), Weitnau 'Wo isch d'Hex?' schreit der kleine Kevin aus voller Kehle ins Mikrofon, das ihm Moderator und Ehrenzunftmeister Ralf Schwärzler hinhält. 'Auf d'r Burg' antworten die Zuschauer - allerdings noch nicht in gewohnter Lautstärke. Daran ist die beißende Kälte schuld, die Gesicht, Hände und Füße erstarren lässt. Zum Auftauen bringen die Faschingsfans in Weitnau erst die verrückten Musikanten der Katastrophenband Rohrdorf. Bei Dschingis Kahns Schlager 'Moskau' schwingen die Besucher dann erstmals die Hüften im Takt und die Hände brennen fast vor lauter Klatschen. Mit dem Nachtumzug - verfolgt von mehreren Tausend fröstelnden Zuschauern - eröffneten die 'Burghexen Alttrauchburg' am Samstag um 19.03 Uhr den Fasching - pardon, die Fasnacht. Denn die Burghexen kommen fast alle aus dem schwäbisch-württembergischen Raum, die Hochburg der Fasnacht.
Auch die meisten der rund 60 teilnehmenden Zünfte mit knapp 3000 Musikanten und Maskenträgern stammen nicht aus dem bayerischen Allgäu. Ein traditionell alemannisches Kostüm mit handgeschnitzten, grimmig dreinblickenden Masken tragen auch die 'Gluathexa' aus dem Illerwinkel. Mit ihrer großen Hakennase lässt die temperamentvolle Oberhexe die kleine Sophia am Straßenrand zusammenzucken. Erst ein Bonbon, das die Hexe aus ihrem Korb zaubert, und dazu ihren Narrenruf 'Hexagluat - Heilos guat' schreit, bringt die Fünfjährige wieder zum Lachen. Und schon braust die Hexengestalt auf ihrem Besen davon. Wenige Meter weiter ziehen die 'Ruschweiler Waldhexen' die Blicke auf sich. Aus der Mitte eines Besenkreises steigt eine knorrige Alte empor. Die Kunst, mit dem Rücken auf den Besenspitzen zu liegen, würdigen die frierenden Zuschauer mit viel Applaus. Nach rund zwei Stunden ist das eisgekühlte Spektakel unter freiem Himmel vorbei. Doch heimgehen wollen etliche Akteure und Besucher noch lange nicht: Sie sorgen bei der Hexen-Party im beheizten Zelt für die Stimmung, die am Straßenrand oft fehlte.