Konzert Hubert von Goisern rockt vor 2800 Fans in der Big Box - Stimmung steigt aber erst bei den alten Hits">

Artikel: Musiker lässt Muskeln spielen

25. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Konzert Hubert von Goisern rockt vor 2800 Fans in der Big Box - Stimmung steigt aber erst bei den alten Hits

Von Markus Noichl |KemptenFür manche fängt das Leben mit 66 an, für Hubert von Goisern mit 55: Rock und Rap sind die Zutaten für seinen neuen, kräftigen Sound, den er in der Big Box Allgäu präsentierte. Den Jungen gefiels. Die Alten allerdings kamen erst so richtig in Fahrt, als der Goiserer seinen "Tradimix" auspackte.

Schlagzeug, E-Gitarre und E-Bass sind der Kern der aktuellen Band. Die neuen Stücke haben mehr Muskeln, und das hat einen ganz pragmatischen Grund: Goisern war zuletzt auf einem umgebauten, fast 80 Meter langen Kiesfrachter von der Nordseeküste bis zum Schwarzen Meer unterwegs. Die neuen EU-Bürger in Rumänien, Bulgarien, und was sonst noch so an der Donau liegt, beglückte er mit kostenlosen Open-Air-Auftritten. Um die Distanz bis zum Ufer zu überbrücken, muss man natürlich schon härter hinlangen.

Dass der Hubert in seinen neuen Songs kaum zur Quetsche greift, sondern meist "nur" singt, rappt oder auch mal kreischt, und das in einer Lautstärke, die ohne Ohrenstöpsel kaum auszuhalten ist, dass der Hubert sozusagen sein alpines Alleinstellungsmerkmal

aufgibt, kaum noch jodelt, und von einem normalen Rocker nur durch sein kehlig hinterwäldlerisches Wortgegurgel zu unterscheiden ist, diese Revolution erschreckte doch den einen oder anderen. "Also, wenn er die ganze Zeit so weitergemacht hätte", seufzte eine Besucherin nach dem Konzert.

Dabei sind die Texte spritzig und witzig wie eh und je. "Den oan fehlts im Kopf und den andern im Knie, de mehran fehlt gar nix, aber toan dans recht schia", spottet er über den Weltuntergang und seine Propheten. Oder, passend zu seiner neuen CD "S´Nix", in der es um das Nichts, genauer: das kreative Vakuum, geht: "Es ghört uns eh nix und des nix is umsonst. Drum is des ganze Lebn a die größte Kunst."

Melancholisch philosophisch wird es, wenn das Leben und die Liebe mit dem Regen verglichen wird, der kommt und geht. Oder er sich im Alten Testament bedient und den berühmten Abschnitt aus Kohelet 3 "Es gibt eine Zeit" hernimmt. Aber leider, wie es sich für ein echtes Rock-Konzert gehört, versteht man halt von den Texten praktisch nix, und darum stieg die Stimmungskurve deutlich, als die Band bekannte Gewässer ansteuerte und man wieder mitsingen konnte. Oder hatte er seine treuen Fans gar absichtlich verunsichert, damit sie sich hinterher über den alten Hubert umso mehr freuen?

Schlitzohr und Ehrenbürger

Zuzutrauen wärs ihm ja, dem Schlitzohr, das als langhaariger Teenager aus der Bad Goiserner Blaskapelle flog, und den sie jetzt doch noch zum Ehrenbürger gemacht haben. Ohne weiblichen Beistand war Goisern natürlich nicht unterwegs. Momentan sind es drei junge Südtirolerinnen, die wunderbar singen und geigen.

In ihren Miedern und Schürzen ein fesches Bild abgeben. Und neben dem bühnentauglichen Hüftschwung sogar den Dialekt des Salzkammergutes mittlerweile gut draufhaben. Das nennt man alpenübergreifendes Crossover.