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Artikel: "Musik ohne Passkontrolle"

5. August 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
roland rasemann

Theaterfestival Shantel bringt das Zelt zum Kochen

von elisabeth kimmerle |IsnyDie Aussicht auf einen durchgetanzten Abend bei wilden Balkanrhythmen hat am vergangenen Freitag ein buntgemischtes Publikum aus dem ganzen Allgäu angelockt - wenn Shantel mit seinem Bucovina Club Orkestar aufspielt, lohnt sich der Weg.

Der Frankfurter DJ und Produzent Stefan Hantel - das Rätsel um sein Pseudonym sei damit gleich zu Beginn gelöst - hat die Musikszene durchgewirbelt wie kein anderer in letzter Zeit. Der Balkan-Pop, eine Mischung aus osteuropäischer Folklore und westlichem Elektro geistert seitdem durch alle angesagten Clubs von Madrid bis Istanbul.

Auf der Suche nach den Wurzeln seiner Familie reiste Shantel vor zehn Jahren in die Bukowina - einem Gebiet in der Ukraine und Rumänien. Shantel ist fasziniert von der multikulturellen Musik - und mischt sie kurzerhand mit westlichen Dancerhythmen. Die Rechnung geht auf: Der Balkan-Pop bezieht seinen Reiz aus der Symbiose der unterschiedlichen Stile.

Auch Isny kann sich dem nicht entziehen. Platzregen und Matsch-wiesen sind schnell vergessen. Schon beim ersten Lied fängt das Publikum, erst noch verhalten mitwippend, an zu zappeln und tanzen. Treibende Beats, kraftvolle Bläser, eine jaulende Violine und die tiefgehende Stimme der Sängerin bringen die Luft zum Beben. Spätestens jetzt gibt es in der Menge kein Halten mehr: Nassgeschwitzte Leiber hüpfen bis das Wasser von der Decke tropft. Die Lieder sind laut, wild und mitreißend.

Politische Dimension

Doch damit ist die Zugkraft des Balkan-Pop nicht hinreichend erklärt. Shantel betont die politische Dimension seines Projekts: "Diese Musik baut Brücken und beseitigt Grenzen." Inspiriert von der Völkervielfalt der Bukowina, in der die Grenzen der Kulturen verschwimmen, tritt er ein für "Musik ohne Passkontrolle, ohne Visum". Dafür erntet er begeisterten Applaus von den Allgäuer Konzertbesuchern. Nach knapp zwei Stunden und mehreren Zugaben verlässt Shantel die Bühne und mischt sich unters Publikum, wo noch lange zu Balkanrhythmen aus den Boxen gefeiert wird.