Memmingen | Von Andreas Schöwe: Mundgeblasener Weihnachtsduft

20. Dezember 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Konzert - "German Brass" interpretiert Weihnachtsweisen in einer glanzvollen Verknüpfung von Klassik und Unterhaltung neu

Hornist Klaus Wallendorf (auch zuständig für die Moderation des 1974 als "Deutsches Blechbläserquintett - Solobläser deutscher Spitzenorchester" von Enrique Crespo und Wolfgang Gaag gegründeten Ensembles) hat gut Lachen: In "sympathischer Lückenlosigkeit" machten sich die Memminger und Unterallgäuer auf, um in der Martinskirche "Deutschlands glanzvollstes Orchester bei der zweistündigen Verklappung von klassischen und traditionellen Weihnachtsweisen" zu erleben.

"Mundgeblasenen Weihnachtsduft" nennt Wallendorf das selbstironisch - und behauptet augenzwinkernd: "Advent ohne German Brass ist wie Schach ohne Würfel!"

Mit Bach unter Dach und Fach

Diese wohltuende Leichtigkeit im verbalen Geleit durch das Programm setzt sich gleich nach dem "Konzert D-Dur" von John Baston (arrangiert von Matthias Höfs) fort: "Mit Bach unter Dach und Fach" lautet die Devise bei "Ensurientes implevit bonis", einer Arie aus dem Magnificat, BWV 243, bevor es "unvermutet mundgetutet" mit dem von Crespo neu arrangierten Chor "Ehre sei dir, Gott gesungen" aus dem Weihnachtsoratorium in die nächste Runde geht.

Crespo zeichnet kurz vor der Pause auch maßgeblich verantwortlich für die Neuinterpretation der "British Christmas", auf das Wallendorf in herzerfrischender Verhackstückung von Deutsch und Englisch einschwört: "Von Aberdeen bis Dover - bis Weihnachten is over!"

Witzige Wendungen

Der zweite Teil der Vorstellung steht ganz im Zeichen der musikalischen Reise um die vorweihnachtliche Welt und dem Tour-Motto: "Christmas around the world". Ob "Little Drummer Boy", dem für Russland stehenden "Schlaf mein Kindlein", ein durch die "Marseillaise" eingeleitetes Potpourri französischer Noels oder das im Mississippi-Big-Band-Sound der 50er/60er Jahre vorgetragene amerikanische "Jingle Bell": Stets faszinieren die gekonnt eigenwilligen, immer mit witzigen, überraschenden Wendungen versehenden Interpretationen allseits bekannter Weihnachtslieder.

In neuem Glanz, in neuer majestätischer Epik dringen sie in die Ohren der Zuhörer, ohne auch nur eine Sekunde lang die kammermusikalische Transparenz oder sinfonische Pracht zu verlieren. Klassik "light", sozusagen, wobei "light" im Sinne von "heiter beschwingt" nicht im Geringsten despektierlich, sondern als Kompliment gemeint ist.

Schneeflocken auf Bestellung

Für zwei außerplanmäßige Zugaben werden die zehn Bläser auf die Bühne förmlich zurückgeklatscht - den endgültigen Schlusspunkt setzt eine Weihnachtsweise aus den Anden (Wallendorf: "Aus einer Zeit als Kolumbien noch Schnee-frei war!"), die Crespo aus seiner Heimat mitbrachte (der Posaunist wurde in Montevideo, Uruguay, geboren).

Und wie auf Bestellung geleiten dann Schneeflocken als wunderbare Einstimmung auf das Fest das Publikum auf dem Nachhauseweg.