Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Mundart schafft Geborgenheit

Allgäu

Mundart schafft Geborgenheit

    • |
    • |

    Von Peter Schwarz Oberstdorf Bauern und Handwerker, Hirten und Holzer, aber auch Sprachwissenschaftler und ein Computerfachmann sie alle fanden sich im Arbeitskreis, der in beinahe sechsjähriger Arbeit das Wörterbuch der Oberstdorfer Mundart zusammengestellt hat. Unter lebhaftem Interesse der Einheimischen ist der Dialekt-Duden samt einer CD mit Mundart-Hörproben jetzt vorgestellt worden. Das kulturell wertvolle Werk möge in keinem Bücherschrank fehlen, wünschte sich Bürgermeister-Stellvertreter Dr. Günther Meßenzehl bei der Präsentation. Die jungen Oberstdorfer sprechen heute deutlich anders als noch ihre Eltern und Großeltern, nannte der Vorsitzende des Museumsvereins, Peter Weiß, den Grund, warum der Verein dieses ABC der bäuerlich geprägten Sprache als Herzensangelegenheit betrachtet. Das Druckwerk sei ein Beitrag zum Erhalt der alten Mundart, die sonst verloren zu gehen drohe, sagte Weiß. Schließlich handele es sich um einen der markantesten Dialekte im Allgäu, der seine Wurzeln im Alemannischen und Mittelhochdeutschen hat, beschrieb Marie-Luise Althaus, warum die Gruppe samt Gewährsleuten in 160 Zusammenkünften so zäh bei der Sache blieb. Die frischgebackene Oberallgäuer Mundart-Preisträgerin (wir berichteten) gilt als die Seele des Unternehmens, wie sie vom ebenfalls mitwirkenden Sprachforscher Dr. Thaddäus Steiner beschrieben wurde. Mundart bedeutet Heimat und Geborgenheit sagte Marie-Luise Althaus: Dadurch fühlen wir uns seelisch mit unseren Altvorderen verbunden. Ohne die Landsprache, die erst mit dem Aufkommen des Schriftdeutsch im 16. Jahrhundert ins Hintertreffen geriet, sterbe auch die bäuerliche Lebenswelt, ergänzte Marie-Luise Althaus.

    Was ein Butsch ist, wissen vielleicht gerade noch die Älteren. Dabei haben die Ahnen den Wasserbehälter aus Holz, der sogar in Kroatien unter dieser Bezeichnung bekannt ist, früher beim Bergheuen die Grashänge hinauf schleppen müssen. Im Lexikon des einheimischen Idioms sind nicht nur Namen wie Butsch, Groze (zweirädriger Karren zum Einspannen des Pferds) oder Tragbeane (eine Art Schubkarren ohne Räder) alphabetisch aufgeführt. Sondern das bäuerliche Gerät spiegelt sich im Buch auch in 60 Zeichnungen einheimischer Künstler optisch wider. Bauernsprache rein erhalten Bei der Buchvorstellung strich Museumsvereins-Vize Anton Köcheler die Raffinesse des Handwerkszeugs heraus. Vom Bewahrer der Gebirgstracht weiß man, dass er wild werden kann, wenn die hiesige Bauernsprache durch Bajuwarisierung und Anglizismen oder durch Krüppeldeutsch immer mehr verwässert wird. Das Mundartbuch animiert nicht nur zum stillen Lesen der Begriffe aus längst vergangener Zeit. Auch wie die Ahnen einst gerufen wurden, ist wichtig. Selten gewordene Vornamen wie Aaget für Agathe, Eischtach für Eustach und Seebes für Eusebius werden im Namensregister wieder lebendig. Auf der begleitenden CD präsentiert sich der Jahrhunderte lang unveränderte Singsang überdies auch akustisch. Mancher aus der Autorengruppe trug zu Scherzither- und Gitarrenklang gleich selbst die auf dem Tonträger konservierten Mundart-Geschichten und Versle vor. Wörterbuch der Oberstdorfer Mundart, Herausgeber Verein Heimatmuseum, Gestaltung Helmut von Bischoffshausen, 309 Seiten, 60 Zeichnungen, Preis 35 Euro. Erhältlich im Heimatmuseum (vorerst nur donnerstags, 14 bis 17 Uhr und samstags, 10 bis 12 Uhr); bei Allfinanz Weitenauer, Pfarrstraße 10; bei Goldschmied Weiß, Hauptstraße 3; und bei Karl Schädler, Kirchstraße 6 in Oberstdorf.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden