Fronleichnam - das bedeutet im Westallgäu Andachten in den Kirchen, feierliche Prozessionen durch die Gemeinden und das Auslegen kunstvoller Blumenteppiche. Diese Aufgabe übernehmen traditionell meist Vereine. Hergensweiler macht da eine Ausnahme: Zwei der vier Stationen werden jährlich von der Familie Ruess beziehungsweise von der Familie Gsell für das Fest phantasievoll hergerichtet.
Schon als Kind geholfen
"Meine Eltern haben das schon immer gemacht", antwortet Peter Ruess auf die Frage, wie lange das Schmücken des Altars schon die Aufgabe seiner Familie sei. Seit seiner Kindheit hilft er, zusammen mit seinen Nachbarn, den Altar in der Hauptstraße aufzustellen.
Seit einigen Jahren ist Ruess sogar der Hauptorganisator der Vorbereitungen. Seine Frau Petra entwirft die Pläne für den Blumenschmuck und am Mittwochnachmittag sammelt die Nachbarschaft mit vereinten Kräften die Blumen. Diese werden über Nacht in Wasserkübeln frisch gehalten und morgens um fünf Uhr fangen die Freiwilligen an, die Blüten zu rupfen. Je nach Menge der Blüten kommt dann ein etwa zehn Quadratmeter großer Blumenteppich zustande.
"Es sind immer die gleichen Helfer", meint Ruess. Allerdings nimmt die Zahl der Leute ab, die Blumen zur Verfügung stellen, denn "die älteren Leute mit bunten Gärten sterben und heute hat keiner mehr einen altmodischen Garten mit Blumen und Gemüse."
Altar vom Großvater hergestellt
Auch bei der Familie Gsell wird das Aufrichten eines Altars in der Dorfstraße als "Familientradition" angesehen. Als besonderes Schmuckstück sieht die Familie ihren Altar im gotischen Stil, der in den 30er Jahren vom Großvater in liebevoller Kleinarbeit über drei Winter hergestellt worden war.
Altes Familienerbstück
Bei dem Familienerbstück handelt es sich um eine "Laubsägenarbeit", bei der man nach einer Vorlage aus kleinen Sperrholzbrettchen einen "Scherenschnitt" mit zierlichen Verschnörkelungen angefertigt hat.
Firmlinge helfen beim Aufbau
Seit den 70ern zählt auch der Blumenteppich zu dem jährlichen Ritual der Vorbereitung. Die Familie Gsell, die manchmal von Firmlingen unterstützt wird, ist auch auf Blumenspenden der Nachbarschaft angewiesen. Da vor dem Altar nur wenig Platz ist, muss die Familie den Blumenteppich auf fünf Quadratmeter beschränken. "Außerdem halten wir den Blumenschmuck schlicht, damit der Altar besser zur Geltung kommt", erklärt Peter Gsell.