Kempten (sf). - Die Ärzte machen mobil gegen Übergewicht. Nicht weil sie dem Schlankheitswahn verfallen sind. 'Sondern weil da eine Zeitbombe tickt', sagen die Diabetes-Experten Professor Werner Bachmann und Dr. Norbert Lotz. Übergewicht verbunden mit anderen Faktoren können zu Zuckerkrankheit, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Durchblutungsstörungen führen. Deshalb raten sie allen 'Bauchträgern' einen Blick nach unten zu werfen, das Maßband in die Hand zu nehmen und den Umfang ihres mittleren Rings zu messen. Fünf bis acht Prozent der Bevölkerung Deutschlands leidet an Diabetes mellitus, also Zuckerkrankheit. Nach den Prognosen steigt die Zahl der Diabeteskranken bis zum Jahr 2030 auf über zehn Prozent. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, müssten laut Lotz zunächst die Hausärzte aufgerüttelt werden. Deshalb organisierte der Leiter des Schwerpunktes Diabetes am Medizinischen Versorgungszentrum Kempten eine Fortbildungsveranstaltung für Hausärzte mit Professor Bachmann, früherer Leiter einer Forschergruppe Diabetes in München.
Was zeigt das Maßband?Die 'Zeitbombe', die Bachmann dabei beschreibt, nennt sich 'Metabolisches Syndrom': Übergewicht verbunden mit Bluthochdruck, Fettstoffwechsel-Störungen, Veränderungen der Blutgerinnung oder Erhöhung der Harnsäure. Deshalb empfiehlt der Chefarzt der Frankenwaldklinik in Kronach allen dickeren Menschen ihren Umfang zu messen. Die Grenzwerte:Männer bis 94 Zentimeter Bauchumfang Frauen bis 80 Zentimeter Bauchumfang Zeigt das Maßband mehr als diese Vorgaben der Internationalen Diabetesvereinigung an, rät Bachmann den Hausarzt aufzusuchen. Der wiederum sollte nach weiteren Faktoren des Metabolischen Syndroms suchen. Hierzu zählen:ein erhöhter Spiegel der Neutralfette über 150 Milligramm pro Dezilitereine Absenkung des Schutzcholesterins (HDL-Cholesterin) unter 40 Milligramm/Deziliter bei Männern und unter 50 mg/dl bei Frauenein erhöhter Blutdruck über 130 mm Hg systolisch oder über 85 mm Hg diastolischeine Erhöhung des Nüchtern-Blutglucosewertes über 100 mg/dl Kommen zwei dieser vier Faktoren zum erhöhten Bauchumfang, liegt ein Metabolisches Syndrom vor. Dann müsse gehandelt werden, meint Bachmann, um Komplikationen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Durchblutungsstörungen der Füße vorzubeugen. Wer am Metabolischen Syndrom erkranke bekomme bei entsprechenden Erbanlagen 'mit hoher Wahrscheinlichkeit' später auch Diabetes. Wobei sich das Auftreten der Zuckerkrankheit zunehmend in jüngere Lebensabschnitte bis ins Jugendalter verschiebe.