Siebenkämpferin Karin Ertl aus Immenstadt ist stolz darauf, Sabine Braun nach Sydney zu begleiten. Von unserem Mitarbeiter Joachim Mölter München/Immenstadt Vor ein paar Jahren hat die Leichtathletin Kathleen Gutjahr (Neubrandenburg) ihrer Kollegin Karin Ertl (LAC Fürth/München) einen Nasenbär als Glücksbringer geschenkt; Gutjahr hätte das Stofftier besser behalten sollen. Bei der Olympia-Qualifikation der deutschen Mehrkämpfer im Düsseldorfer Vorort Ratingen vergab Gutjahr ihre Chance auf einen Start in Sydney durch drei ungültige Versuche im Weitsprung. Glück für Ertl: Ihre härteste Konkurrentin war aus dem Rennen. Hinter Überraschungssiegerin Astrid Retzke (Halle/6379 Punkte) und Sabine Braun (Wattenscheid/6332) sicherte sich die gebürtige Immenstädterin (6276) den dritten deutschen Startplatz in Sydney.
Freude kam bei der 26-jährigen Allgäuerin trotz allem schwer auf. 'Das waren für uns alle keine zwei schönen Tage', sagte sie. Der Stress der Olympia-Qualifikation hatte alle Kandidatinnen lahm gelegt. 'Das war eine brutale Anspannung, dass es auf diesen einen Wettkampf ankam', sagte Ertl. Für die Zuschauer war es freilich eine spannende Sache. Fünf Frauen kamen für die drei Plätze in Frage, vier hatten bereits beim Meeting in Götzis die DLV-interne Norm von 6250 Punkten übertroffen; die Berlinerin Peggy Beer schaffte es auch in Ratingen nicht, sie blieb bei 6153 hängen. Gutjahrs Malheur trug zur weiteren Klärung der Lage bei.
Karin Ertl war als zweitbeste Deutsche angetreten, in Götzis hatte sie mit 6396 Punkten persönliche Bestleistung erzielt und dabei nur im Kugelstoßen eine Bestmarke in einer Einzeldisziplin erreicht. 'Da haben wir gedacht, sie hätte noch Steigerungsmöglichkeiten', sagte ihr Trainer Wolfgang Frenzl, 'aber wir haben wohl die Nerven außer Acht gelassen.'
6500 Punkte hält der Coach deshalb in Sydney für 'nicht illusorisch'. In der Vergangenheit habe Karin Ertl ihr Programm bei den internationalen Großereignissen des Jahres 'immer locker abgespult'. Frenzl denkt, dass ihr das auch in Australien gelingt. 'Dass wir\'s können, wissen wir', stimmt die Athletin zu.
Total abschalten
Karin Ertl wird nun zunächst 'total abschalten und gar nichts machen', bevor sie noch einmal intensiv an ihrer Form für Sydney feilt. Auch mental wird sich die Oberallgäuerin auf das größte Sportereignis der Welt einstellen müssen. 'Schon allein, dass ich da mitmachen darf ', sagt sie immer noch ungläubig und erzählte die Geschichte, wie sie vor zehn Jahren einen Wettkampf bestritten hat, in dem auch Sabine Braun (35) mitwirkte, die große, alte Dame des deutschen Siebenkampfs. 'Da war ich noch einen Kopf kleiner als sie', sagt die heute 1,76 m große Ertl, 'sie hat mir Tipps im Hochsprung gegeben und nachher bin ich hin und habe gefragt: ,Kann ich bitte ein Autogramm von Ihnen haben?` ' Dass sie nun mit ihrem Idol zu Olympia fährt, sagt Karin Ertl, 'das macht mich schon stolz'.