Memmingen/Nairobi(bil). - Karin Wolf aus Memmingen ist Sportlehrerin. Sie sagt: 'Mit den Schülern Volleyball zu spielen ist völlig unmöglich.' Allein schon deswegen, weil es kein Spielfeld gebe. Das Völkerballfeld muss sie vor Unterrichtsbeginn immer von neuen mit Dosen und einer Wäscheleine abstecken. Denn einen Sportplatz gibt es keinen. Die Schüler trainieren auf einer freien Fläche am Stadtrand. Und doch: 'Sie sind mit Begeisterung dabei.' Denn Sport ist in ihrem Lehrplan nicht vorgesehen. Dass die große Frau mit der weißen Haut es ihnen dennoch ermöglicht, einmal pro Woche in der Schulzeit zum Tollen nach draußen zu gehen, finden sie richtig klasse. Karin und ihr Mann Dr. Thomas Wolf leben derzeit in Kenias Hauptstadt Nairobi. Sie arbeitet dort seit dreieinhalb Jahren an einer Einheimischenschule, er am deutschen Michael-Grzimek-Gymnasium. In Deutschland war sie als Sport- und Sozialkundelehrerin am Strigel-Gymnasium tätig, er unterrichtete die Fächer Deutsch, Geschichte und Sozialkunde am Vöhlin. 'Wir hatten beide Beamtenstellen und noch lange Zeit bis zur Pension. Da wollten wir einfach etwas anderes sehen', sagt Karin Wolf auf die Frage, warum sie mit ihrem Mann von Memmingen nach Ostafrika zog. Das Bundesverwaltungsamt, die Anlaufstelle für deutsche Lehrer, die im Ausland unterrichten wollen, vermittelte Thomas Wolf schließlich an die deutsche Schule in Nairobi.
Der Unterricht dort unterscheide sich auch nicht von dem in Deutschland, meint der Gymnasiallehrer. Die Schüler schrieben das reguläre deutsche Abitur. Genauer betrachtet ist der Unterschied zwischen einem Memminger und dem kenianischen Gymnasium aber gewaltig: Die Kinder, die dort Abitur schreiben, stammen von Diplomaten, von Missionaren, die in anderen Landesteilen arbeiten, von Mitarbeitern der Hilfsorganisaationen, Geschäftsleuten und den deutschen Lehrern selbst. Für Schüler aus Deutschland gebe es auch die Möglichkeit, dort ein halbes bis ein Jahr als Gastschüler zu verbringen, zusammen mit gleichaltrigen Jugendlichen verschiedenster Herkunft. 'Es ist für die Schüler selbstverständlich, dass Leute eine andere Hautfarbe haben als sie', erzählt der Memminger. Ein Unterschied zu Deutschland: Die Schule kostet die Eltern Geld, und das nicht zu knapp: regulär rund 4000 Euro im Jahr. Wer sich das leisten kann, gehört in Kenia zur Oberschicht. Die Schüler, die die Schule besuchen, an der Karin Wolf arbeitet, gehören dem anderen Ende der sozialen Hierarchie an. Die wohlhabenderen von ihnen stammen aus einem Dorf am Rande der Hauptstadt. Die anderen wohnen in Wellblechhütten in einem Elendsviertel, erzählt die Frau. Fließend Wasser und Strom seien ein Luxus, den diese Kinder nicht hätten. Trotzdem müssten ihre Eltern Schulgeld bezahlen, umgerechnet 50 Euro zur Einschulung und 25 Euro im laufenden Schuljahr. 'Für 50 Euro kann eine Großfamilie einen ganzen Monat lang leben', bemerkt Karin Wolf. Damit nicht genug: Ihre Schulbank und den Stuhl müssten die Kinder bei der Einschulung selbst mitbringen. Weil sie sich das nicht leisten könnten, würden viele Eltern ihre Kinder aber überhaupt nicht in die Schule schicken. Um das zu ändern, hat die Memmingerin ein Einschulungsprojekt ins Leben gerufen. Mit Hilfe von Spenden ermöglicht sie es Kindern aus dem Slum, doch noch Lesen und Schreiben zu lernen. i Wer sie dabei finanziell unterstützen möchte, bekommt weitere Auskünfte per E-Mail unter wolf@wananchi. com Dorthin können sich auch Schüler wenden, die an einem Auslandsaufenthalt interessiert sind.