Marktoberdorf (sg). Die Globalisierung erreicht inzwischen selbst den kleinsten Weiler. Was aber verbirgt sich hinter dem Begriff 'Globalisierung' und wie kann ihr die Politik, aber auch jeder einzelne begegnen? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Ostallgäuer Bäuerinnen bei ihrem Landfrauentag im Modeon. Frithjof Finkbeiner, Koordinator der Global Marshall Plan Initiative und Mitglied des Club of Rome, erläuterte als geladener Referent weltweit ablaufende Entwicklungen in Wirtschaft, Sozialem und Ökologie. Sie wirken bei einer rasant anwachsenden Weltbevölkerung und einem steigenden Verbrauch an Rohstoffen verheerend auf die Balance zwischen Arm und Reich, Nord und Süd. Gleichzeitig fehlten weltweit geltende Spielregeln, die er einforderte. 'Ein Markt ohne Regeln ist ein Monster.'
Anhand vieler Zahlen stellte Finkbeiner, der sich seit zwölf Jahren mit der Gestaltung der Globalisierung befasst, die verlorene Balance dar: Bei einer Weltbevölkerung von derzeit 5,6 Milliarden zählen 1,1 Milliarden zum 'reichen' Teil der Welt, der im Norden angesiedelt ist. Dieser verbraucht 80 Prozent der Ressourcen. Die Hälfte der Menschheit muss mit unter zwei Dollar am Tag auskommen bei einem Weltbruttoinlandsprodukt von 32 000 Milliarden Dollar im Jahr. Das rasche Wachsen der Weltbevölkerung auf voraussichtlich zehn Milliarden Menschen bis 2050 und das Hineinwachsen von hunderten Millionen weiterer Menschen in ressourcenintensive Lebensstile verschärften die Situation: 'So etwas hält die Welt nicht aus.'
Balance oder Zerstörung - das sei die Zukunft, meinte Finkbeiner. Dazu gebe es unterschiedliche Szenarien. Jetzt gehe man noch den ganz falschen Weg, der mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Kollaps zusteure. Ein weiteres Szenario verspreche zwar eine 50-prozentige Chance, diesen Kollaps zu verhindern, laufe aber auf eine Art ökologische Diktatur hinaus. Hier bestehe die Gefahr, dass die reichen Länden die Umweltstandards zu Lasten der ärmeren durchsetzen und bürgerliche Freiheitsrechte verloren gingen.
Weltweite Standards schaffen
Als bessere Alternative nannte Finkbeiner, weltweit auf öko-soziale Marktwirtschaft zu setzen, wie sie in der Europäischen Union funktioniere. Dies verstehe man auch unter dem 'Global Marshall Plan'. Er sei benannt nach dem Marshall Plan, nach dem die Wirtschaft im Nachkriegsdeutschland wieder aufgebaut worden sei. Fest stehe: 'Wenn wir heute nichts tun, werden wir in der Zukunft noch viel größere Probleme haben als angenommen.' Es gelte, weltweit die Spielregeln zu ändern, Standards zu schaffen, die global zusammenpassten und vorhandene und problemlos neu zu schöpfende Mittel effektiv für die Zukunft einzusetzen.
Seit 1994 setzt sich der ehemalige Unternehmer, der in Oberbayern lebt, für das Unternehmen Menschheit und die Frage ein, wie die Globalisierung gerecht gestaltet werden kann. Mit dem Wissenschaftler Prof. Franz Josef Radermacher und anderen gründete er 2001 die Global Contract Foundation. 2003 war er Mitbegründer der Global Marshall Plan Initiative.
Zwei Beispiele nannte Finkbeiner am Schluss, wie die Globalisierung im ländlichen Raum durchschlage: Zum einen setze man hier auf nachwachsende Rohstoffe. Zum anderen sagte er eine Renaissance des Lebens auf dem Lande voraus. Sie habe bereits eingesetzt. Moderne Kommunikationstechniken wie das Internet machten dies möglich.