Von unserem Mitarbeiter Roland Wiedemann, Missen-Wilhams - Als Socrates kürzlich mal wieder gegen einen Fußball trat, war das den Tageszeitungen rund um den Erdball zumindest eine Meldung wert. Dabei ist der ehemalige Kapitän der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft erst 50 Jahre alt, hat 14 Jahre lang pausiert und streifte sich nur aus PR-Gründen für ein paar Minuten das Trikot über. Hans Dreyer dagegen ist 51 Jahre alt, hat in seiner Karriere höchstens ein halbes Jahr lang die Fußballschuhe in die Ecke gestellt und wird auch nach der Winterpause wieder beim TSV Missen-Wilhams die rechte Seite dicht machen. Nicht bei den alten Herren, sondern in der 1. Mannschaft. Dass die Lokalzeitung dieser ungewöhnlichen Tatsache einen Artikel widmet, ist Hans Dreyer freilich eher peinlich. Dabei steht er kurz vor dem 500. Punktspieleinsatz für den TSV - die vielen Freundschafts- und Pokalspiele nicht eingerechnet - und könnte stolz auf diese Leistung sein. Ein paar Mal schon hat Dreyer am letzten Spieltag der Saison Blumen zum Abschied überreicht bekommen, und immer wieder haben ihn die Trainer um ein Comeback gebeten. 'Doch am Ende dieser Saison ist endgültig Schluss - definitiv', betont der kantige Verteidiger. Nur weil den Missener Trainer Detlev Gräler wieder einmal arge Personalnöte plagten, hat er sich breit schlagen lassen, im fortgeschrittenen Fußballer-Alter gegen die bis zu 30 Jahre jüngeren Stürmer in der A-Klasse Oberallgäu anzutreten. Bei langen Sprints kann er natürlich nicht mehr mithalten, weiß der Lehrer. 'Aber das versuche ich mit meiner Routine auszugleichen.' Was offensichtlich ganz gut gelingt, denn nicht selten holte in der Hinrunde der gegnerische Trainer einen entnervten Stürmer vorzeitig vom Platz.
Vater und Sohn im Missener Dress Zuletzt musste der TSV auch noch auf Klaus Dreyer verletzungsbedingt verzichten. Hans Dreyer hat mit seinem Sohn schon einige Schlachten im Missener Dress geschlagen. 'Er linker Verteidiger, ich rechter Verteidiger', erzählt der Vater. 'Wir waren auf dem Spielfeld weit auseinander. Allein schon deshalb gab es keine Reibungspunkte.' Hans Dreyer schätzt es, mit jungen Leuten zusammen zu sein - sowohl bei der Arbeit als auch in der Freizeit. Nur die Einsatzbereitschaft des Nachwuchses beim Training bemängelt er bisweilen. Er selbst steht bei Wind und Wetter auf dem Platz, was man von den Jungen nicht immer behaupten könne. 'Und nach dem Spiel beim Treffen in der Wirtschaft könnten es manchmal auch mehr sein', findet der ehemalige TSV-Abteilungsleiter. 'Aber so ist das eben heute. Man trifft sich zum Sport, und das war's dann.' Dreyer findet das schade, wenngleich er keineswegs nur wegen der Geselligkeit Fußball spielt. 'Ohne Sport könnte ich nicht sein', betont der zweifache Vater, der mit Freunden und Kollegen regelmäßig Volleyball und Tennis spielt. Im Winter fährt er noch Ski. 'Vielleicht macht's die Mischung, dass ich noch nie ernsthaft verletzt war', meint Dreyer. Kein Bänderriss, keine Aduktorenzerrung und auch kein Meniskusschaden - allerhöchstens mal ein Zwicken im Oberschenkel oder in der Wade. Und das seit 35 Jahren. Es war im Jahr 1969, als Dreyer sein Debüt in der 1. Mannschaft des TSV Missen-Wilhams feierte. Damals war er gerade mal 16 Jahre alt. Er kam als A-Jugendspieler bei den Senioren zum Einsatz, weil - wie könnte es anders sein - der Trainer zu wenig Spieler hatte. 'Gegner war Hellas Blaichach', erinnert sich Dreyer. Wie das Spiel ausging, weiß er allerdings nicht mehr. Genau so wenig weiß er übrigens, wie viele Spiele es bis zu seinem 500. Punktspiel tatsächlich noch sind. Er lässt sich einfach überraschen. Irgendwann nach der Winterpause wird er wieder mal Blumen überreicht bekommen.