Artikel: Mehr Unternehmer, die unternehmen

8. Januar 2003 20:29 Uhr von Allgäuer Zeitung

OB vor Wirtschaftsvertretern: Bei der Stadtentwicklung gemeinsames Engagement notwendig

Kempten(be). Zu Beginn eines neuen Jahres trifft man sich im Rathaus. Gute Wünsche werden ausgetauscht, aktuelle Politik diskutiert. Der Behördenleiter unterhält sich mit dem städtischen Referenten, der Fraktionsvorsitzende tauscht sich mit dem Geschäftsführer aus. Doch nebst Stadträten, Behördenchefs und anderen Funktionsträgern sind beim Neujahrsempfang der Stadt jedes Jahr auch andere geladen. Heuer waren es Vertreter des Mittelstands, die von OB Dr. Ulrich Netzer empfangen wurden. Als Zeichen der Verbundenheit mit dem Mittelstand wollte Netzer diese Einladung verstanden wissen. Doch bevor sich die Gäste kulinarischen Köstlichkeiten widmen durften, hatte der OB das Wort. Von einem Staat, der 'am Stock geht', sprach er, einem Steuerdesaster, das die öffentliche Hand an den Rand des Kollaps bringe - von den Allgäuern, einem 'besonderen Menschenschlag', der sich nicht so schnell unterkriegen lasse und davon, dass für eine attraktive Innenstadt mehr gemeinsames Engagement notwendig sei. Sein Appell an die Wirtschaft: 'Wir brauchen noch mehr Unternehmer, die unternehmen'. Auch wenn die Rahmenbedingungen nicht gerade rosig seien. Zitat Ideen, Mut und Zuversicht im eigenen Unternehmen, die hat die Wirtschaft selber in der Hand'} OB Dr. Ulrich Netzer beim Neujahrsempfang Die Kommunen gingen durch hohe Gewerbesteuerausfälle und mehr ebenfalls kräftig am Stock. Kempten stehe vor der schwierigsten Haushaltskrise der letzten Jahrzehnte. Die Folgen? 'Wir werden Begonnenes zu Ende führen, aber Neues nicht mehr anfangen können oder verschieben', erklärte Netzer. Wobei dies nun wahrlich nicht die Entwicklungspolitik sei, die er sich für einen attraktiven Wirtschaftsstandort vorstelle. Aber: 'Jammern ist nicht unser Ding'. Die Kommunen müssten eben den Gürtel in manchem Bereich enger schnallen. Kempten habe dies bereits getan, die Personalkostenentwicklung reduziert, die Verwaltung umorganisiert - und fahre den Kurs einer engeren Kooperation mit den Unternehmen vor Ort. Das Ergebnis könne sich sehen lassen: So hätten beispielsweise die Unternehmensberater von Mc Kinsey Kempten bei der 'Gründerdynamik und Lebensqualität' einen der vordersten Plätze in Deutschland attestiert.

Beim Citymanagement mitmachen Doch auf diesen Lorbeeren will man sich nicht ausruhen. Eine langfristig angelegte Strategie der wirtschaftlichen Entwicklung soll weiterverfolgt werden, wobei die FH eine zentrale Rolle spiele. Intensiver gelte es auch darüber nachzudenken, was gemeinsam getan werden müsse, damit alle profitieren. Ein Thema sei das Citymanagement. Aktionstage des Handels, Weihnachtsbeleuchtung oder Weihnachtsmarkt seien Aktivitäten für eine attraktivere Innenstadt: 'Doch immer sind es relativ wenige, die Zeit und Geld investieren und sehr viele, die etwas davon haben'. Netzer kategorisch: 'Das kann es auf Dauer nicht sein'. Denn gerade beim Citymanagement sei es nötig, dass sich alle, die Interesse an der Entwicklung der Innenstadt haben, gemeinsam engagieren. Vertreter des Mittelstands waren Gäste beim Neujahrsempfang der Stadt. Im Gespräch mit 'Kollegen' oben (von links) Valentin Weber (Metzgerei), Hans-Peter und Stefan Schwarz (Kältetechnik). Unten (von links): Cornel und Andrea Nägele (Hotel Bayerischer Hof) und Otto Gschend (Ofen Gschwend).