Kanonen krachen, Galgen brennen zur Musik von 'In Extremo'Von Christian Gögler Kaufbeuren 'Verehrt und angespien sind sie, bekannt im ganzen Land, von allen ,In Extremo` genannt.' Dieser Satz stammt aus der aktuellen CD von 'In Extremo' und bildete gleichzeitig den Auftakt ihres spektakulären Auftritts in der Kaufbeurer Zeppelinhalle.
Man nehme Dudelsäcke, Schalmeien und Flöten à la 'Corvus Corax' und gebe dazu Beat, Gitarren und Gesang von 'Rammstein', vermenge diese Zutaten aus Moderne und Altertum gut und stelle das fertige Produkt zur Kostprobe auf eine Allgäuer Bühne: lecker trotz einer faden Vorspeise von der Würzburger Crossover-Kapelle 'MCF'. Mit einem 'Sänger' im orangefarbenen Overall, der sich die Seele aus dem Leib schrie, wirkten die harten Töne reichlich deplaziert im Vorprogramm der Mittelalter-Combo 'In Extremo'.
Dann jedoch machte der Konzertbesucher einen Sprung von 500 Jahren zurück in der Zeitrechnung und tauchte ein in die Welt der Feuerschlucker, Spielleute, Gaukler und Geschichtenerzähler. Galgen und Pranger aus Holz verliehen der Bühne ein Folterkammer-Ambiente, und dort 'folterten' auch schon die sieben 'Extremos' die Trommelfelle der Zuhörer, dass es eine wahre Freude war.
Artistik inklusive
'In Extremo' sind, wie ihr Name sagt. Extrem in der Bühnenshow, extrem in der Musik und den Texten, extrem in der Präsentation. Die teils kahlgeschorenen Gestalten mit den nackten, tätowierten, schweißglänzenden Oberkörpern und den ledernen Lendenschürzen inszenierten das dunkle Zeitalter auf ihre ganz eigene Weise mit allen Klischees. Sei es beim Jonglieren mit brennenden Fackeln, beim Feuerspeien oder bei der Bühnenartistik mit Flickflack und Handstand-Spagat.
Unter den Pseudonymen 'Dr. Pymonte', 'Flex der Biegsame' und 'Yellow Pfeiffer' bedienten die Berliner antiquierte Instrumente, den altertümlichen Gesang auf lateinisch, altnorwegisch, altspanisch und provençalisch steuerte 'Das letzte Einhorn' bei. Die Inhaltsangabe der Stücke wurde deswegen vorsichtshalber meist mitgeliefert. Als ältesten deutschen Liedtext aus vorchristlicher Zeit hatten 'In Extremo' die 'Merseburger Zaubersprüche' vertont.
Grufties neben Normalos
Stimmung kam vor allem bei den älteren Stücken 'Dein rotes Haar' oder dem 'Palästinalied' auf, doch auch die brandneue Single 'Vollmond' und sämtliche Lieder der aktuellen CD 'Verehrt und angespien' wurden vom bunt gemischten Publikum begeistert aufgenommen. Grufties, Normalos und Metaller rockten vereint beim auffrisierten 'Sister of Mercy'-Klassiker 'This Corrosion', wippten locker beim schwedischen 'Herr Mannelig' oder sangen bei 'Werd ich am Galgen hochgezogen' aus Leibeskräften mit.
Für ihre groß angelegte Pyroshow erhielten 'In Extremo' nicht in allen Städten eine Erlaubnis. In Kaufbeuren durften jedoch ausgiebig Kanonen krachen, Funken spritzen und Galgen brennen. Rund 1000 Fans wurden durch dieses 'Fest für die Sinne' in die Zeppelinhalle gelockt. Durch solche Spektakel mauserten sich 'In Extremo' zu einer der gefragtesten deutschen Newcomer-Bands, die vermutlich in Zukunft noch Einiges von sich hören lassen werden. Trotz aller Behauptungen seitens der Band wurden 'In Extremo' in Kaufbeuren jedenfalls mehr verehrt denn angespien.