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Marcus Grill wartet auf ein Wunder

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Marcus Grill wartet auf ein Wunder

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    Von Ralf Lienert, Kempten - Leben am Limit, das war die Devise von Marcus Grill. Der 42-jährige Tanzlehrer aus Kempten suchte stets die Herausforderung und trat vier Mal bei 'Wetten dass?' auf. Ein Snowboardunfall im März diesen Jahres fesselte das kreative Energiebündel an den Rollstuhl. Doch Grill will sich nicht mit seiner Lähmung abfinden und hofft auf ein Wunder: 'Ich will wieder Radfahren.' Seit sechs Wochen sitzt Grill zu Hause, umsorgt von Familie und Freunden. Er ist ab dem fünften Halswirbel ab gelähmt, kann nicht greifen und nur mit Spezialbesteck essen. Mit seinem Therapeuten übt er zweimal die Woche, mit den Händen zu greifen. 'Ich kann meine Beine spüren, aber sie gehorchen mir nicht', beschreibt er seine Lage. Aus München erreichte ihn kürzlich ein Anruf des Klinikums Großhadern. Dort wollen die Ärzte ein neues medizinisches Verfahren testen. Durch Elektrostimulation sollen die Muskeln und Nerven aktiviert werden. Doch das sind alles Wünsche, an die sich der Querschnittgelähmte klammert. 'Mein Leben bleibt die Tanzschule', breitet er seine Visionen aus: 'Ich sitze im Rollstuhl und ein Assistentenpaar zeigt die Figuren.' Damit will er die über 50-jährige Tradition des Hauses fortsetzen, das für sein Welttanzprogramm bekannt ist. Derzeit helfen seine Eltern und seine Lebensgefährtin Tina bei den Tanzkursen im Ostallgäu. In Kempten soll es im Frühjahr wieder losgehen.

    Reserven aufgebraucht Doch das Schicksal des lebenslustigen Ex-Tänzers überschattet die Familie. Ein monatelanger Klinikaufenthalt zwischen Hoffen und Bangen gingen an der Substanz. Dazu kommt der finanzielle Aspekt. Durch einen Krankheitsfall in der Familie hatte sich Marcus Grill in den vergangen Jahren stark einschränken müssen, hatte kein Geld mehr für die Unfall- und Lebensversicherungen. Das rächt sich jetzt. Der behindertengerechte Umbau des Bades zehrte die letzten Reserven auf. Ob sich Versicherungen und Bezirk an den Maßnahmen beteiligen, ist noch unklar. Das gilt auch für einen Lift, der den Rollstuhlfahrer in seine Wohnung im ersten Stock bringen soll. An den Kosten von 50000 Euro will sich das Integrationsamt der Regierung von Schwaben beteiligen. 'Ich rechne aber mit einem Eigenanteil im fünfstelligen Bereich', ist sich Grill im Klaren. Der Bau des Außenliftes ist im Frühjahr geplant.

    Seine Freunde helfen Seit Wochen wird der frühere Wett-König von drei Freunden über eine enge Treppe getragen, um am Leben teilhaben zu können. Er schaut mit seiner Ex-Frau Karen dem gemeinsamen Sohn Clemens (8) beim Hip Hop-Tanzen zu. Dabei schöpft er Kraft. Wichtig sind für ihn auch Freunde, wie Reinhard Fendrich, der im November in der Big Box Allgäu auftrat. Freude machte auch ein Einsatz als Wertungsrichter beim Deutschland-Cup der 'Hip Hoper' in Hamburg. Zu Weihnachten erfüllte er sich einen persönlichen Wunsch. Wochenlang übte er mit einem Musik-Mix-Programm und tüftelte stundenlang an seinem Laptop: 'Ich kann eben nicht mehr im Zehn-Finger-System schreiben, sondern nur durch Antippen meine Aktionen ausführen.' Jetzt sitzt er stolz auf seinem Spezialbett und hört sich seine neue Musikshow an. 'Damit starte ich wieder als Diskjockey und werde ab 2005 gute Laune verbreiten', ist sich der Kemptener sicher.

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