Artikel: Man meint, die Wüste ist so weit

7. Januar 2003 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

und dann ist sie doch zu klein für zwei Autos - Andrea Mayers Tagebuch von Dakar-Rallye

Andrea Mayer aus Kaufbeuren nimmt - nach mehrmaligen Teilnahmen auf dem Motorrad - erstmals in einem Auto an der legendären Rallye Paris - Dakar teil. Per Laptop überträgt uns die 35-Jährige regelmäßig ihr Tagebuch, das wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen: 2. Januar, 574 km von Narbonne nach Castellon: Nach dem Prolog in Marseille sind wir frohen Mutes in die Sonderprüfung rund um Narbonne gestartet. Es hat ein bisserl gedauert, bis ich mich ans Französisch meines neuen Beifahrers Francois gewöhnen konnte, Aber eins hab ich gleich verstanden: 'Merde, stop!' Quasi: Mist, halt an. Nach zehn Kilometern hatten wir einen Plattfuß Also raus, Reifen wechseln. Das ging auch ohne Worte, und recht schnell. Leider sind wir zurückgefallen auf Platz 73. Diese Zeilen konnte ich jetzt erst auf dem Schiff verfassen, da ich keinen Zugriff auf mein Gepäck und mein Laptop hatte Etwas verspätet, Ihre Andrea Mayer. 3. Januar, 95 km von Castellon nach Valencia: Heute stand eine Sonderprüfung am Strand von Castellon auf dem Programm. Die Strecke waqr schon ziemlich tief ausgefahren, aber dennoch hatten wir nach der Hälfte das vor uns fahrende Auto eingeholt. Bei einer Wasserdurchfahrt hat unsere Blackbox wohl ein Schlückchen abbekommen und die Drehzahl unseres Diesels auf 6000 Umdrehungen erhöht. Gottseidank regnet es in Afrika nicht allzu oft. Heute hat mir mein Team ein nachträgliches Geburtstagstörtchen backen lassen und ein französisches Ständchen gesungen. Am Abend war Einschiffen und eine riesige Paella-Party im Hafen von Valencia. Vor der Überfahrt, die zwei Nächte und einen Tag dauert, gab es ein tolles Feuerwerk. Schiff ahoi, Ihre Andrea Mayer 4. Januar, Valencia - Tunis: Die Überfahrt ist recht relaxed. Es werden ein paar organisatorische Dinge geklärt und ansonsten wird viel geschlafen - vorgeschlafen sozusagen. Und ich treffe natürlich alte Bekannte wieder. Morgen erreichen wir Tunis und haben auf der 25 km langen Sonderprüfung nochmals Zeit, uns einzugewöhnen. Ich freue mich auf meine erste Dakar im Auto, und habe ein gutes Gefühl. Ihre Andrea Mayer 5. Januar, 463 km von Tunis nach Touzeur: Im Hafen von Tunis gab es eine kleine Willkommensparty mit Frühstück, danach standen eine kurze Verbindungsetappe und eine kleine Sonderprüfung durch die Berge an. Nach unserem Malheur in Spanien sind wir ziemlich weit hinten gestartet und hatten auch noch das Pech, dass der Vorausfahrende gleich nach dem Start einen Abzweig verpasste und uns entgegen kam. Wir mussten bremsen und uns hinter ihm einreihen.

.. Das heißt 25 Kilometer im Staub - keine Möglichkeit, zu überholen. Es wäre einfach zu riskant gewesen. Links und rechts Steine, Abbrüche und Auswaschungen. Hubert Auriol hat schon bei der Abnahme eine halbe Stunde investiert, um mir klar zu machen, dass dies hier mein Rennen ist, um Erfahrung zu sammeln und zu lernen. An der Innenseite der Windschutzscheibe klebt ein großer Aufkleber: 'You have to learn!'. Immer, wenn mich das Rennfieber packt, schau ich hin und übe mich in Geduld. Die Dakar ist kein Rennen, wo man um Zehntel-Sekunden kämpft. Ein Ausrutscher und alles kann vorbei sein. Es liegen noch 14 Tage vor uns Ihre Andrea Mayer 6. Januar, 494 km von Touzeur nach El Borma: Heute also die erste richtige Wüstenetappe! Eine schnelle breite Piste brachte uns zu einem kleinen Dünenfeld. Es lief super, dann ein kurzer Knall: Eric ist uns mit seinem Protruck hinten rechts ziemlich heftig angeeckt. Da meint man, die Wüste ist so weit und groß, aber scheinbar konzentriert sich immer alles auf einen Punkt. Unser Pajero hat eine große Beule. Im Endeffekt hat es uns nicht allzu viel Zeit gekostet, und wir sind in unserem Rhythmus weitergefahren. Ich kenne die Strecke von Ksar Ghilane nach El Borma. Sie ist gefährlich, ständig läuft man Gefahr, einen Plattfuß einzufahren. Wir konnten die Prüfung als 24. beenden, haben einen guten Stil gefunden. Auch mit meinem Französisch klappt es immer besser. Es folgte eine Verbindungetappe, auf der wir nochmals die Reifenfüllanlage testen wollten. Wir rollten so zwischen 80 und 90 dahin, als plötzlich der Turbo seinen Geist aufgab. Eine riesige Qualmwolke, Öl im ganzen Motorraum, wir standen drei Kilometer vor dem Ziel. Klever Kolberg half uns und schleppte uns ins Ziel. Die Prognosen stehen nicht allzu gut. Es könnte sein, dass der Motor beschädigt ist In diesem Fall wäre die Dakar für uns zu Ende. Wir hoffen, dass wir weiter fahren können Ihre Andrea Mayer