Kempten | irv | "Verwöhnen ist, jemandem das abzunehmen, was er selber kann", sagt Dr. Albert Wunsch. Doch so einfach, wie es sich anhört, ist es dann doch nicht. Anhand unterhaltsamer Beispiele erläuterte der Erziehungswissenschaftler im mit 260 Interessierten voll besetzten Saal des Haus Hochland einen Abend lang, welche Auswirkungen das Verwöhnen in der Erziehung hat. Sein Fazit: Es führt zu Abhängigkeit und bringt einzig dem Verwöhner Vorteile.
"Man kann nicht nicht erziehen", behauptet Wunsch (64), der unter anderem durch die Bücher "Die Verwöhnungsfalle" und "Abschied von der Spaßpädagogik" bekannt wurde. Entweder, Erzieher vertreten einen Standpunkt oder sie überlassen Entscheidungen den Kindern und Jugendlichen, so Wunsch in seinem Vortrag. Doch auch das habe Auswirkungen: Wichtige Dinge selbst zu entscheiden, überfordere Kinder.
Gelenkt, beispielsweise in Familiengesprächen, dürfe und solle jedoch mit dem Nachwuchs diskutiert werden, so der Sozialpädagoge.
"Fähigkeiten, die später am Arbeitsmarkt verlangt werden, also Zielstrebigkeit, Mut, soziale Kompetenz oder Kreativität lernen Kinder am besten bis zum fünften Lebensjahr", sagte Wunsch und fügte eindringlich hinzu: "Und am besten zu Hause bei den Eltern." Dem von der Bundesregierung geplanten Ausbau der Betreuung steht er kritisch gegenüber: "Mit 18 haben Sie dann die Gelegenheit, Ihr Kind von der Ganztagsschule abzuholen und zu sagen, hallo - ich bin dein Papa", spottete er.
Hart ging er mit den "Narren" von Eltern, Großeltern oder Erziehern um, die ihre Kinder und Jugendliche verwöhnen. Wunsch: "Der Verwöhner sucht immer den eigenen Vorteil." Er wolle Dankbarkeit erzeugen und aus eigener Unsicherheit heraus keine Verantwortung übernehmen. Ausnahmen seien sogenannte situationsbezogene Zuwendungen: "Wenn ein Kind an Sylvester mal länger aufbleiben darf, ist das nicht Verwöhnen."

TV Programm heute
"Was ihr nicht seht": So wird der neue Tatort heute aus Dresden
Und wie hat es den Zuhörern gefallen? "Der Vortrag war für mich in vielen Dingen eine Bestätigung", erklärte Claudia Geiß. Die Mutter von vier Mädchen zwischen sieben und 13 Jahren tritt zufrieden ihren Heimweg nach Altusried an, nachdem sie mit dem Referent noch ein spezielles Problem erörtert hat.