Von Klaus-Peter Mayr|IsnyFriedrich Hechelmanns Welt sieht neuerdings anders aus. Wer den Maler besucht, findet ihn nicht mehr auf dem idyllisch gelegenen Schiedelhof inmitten der Hügel zwischen Isny und Weitnau. Das Bauernhof-Paradies, wo er 30 Jahre lange lebte und in einem lichtdurchfluteten Atelier malte, hat der endlich, nach vielen Jahren, verkaufen können. Nun arbeitet Hechelmann in einem großen Raum im Isyner Schloss, nimmt jeden morgen gegen 9 Uhr in einem bequemen Ledersessel Platz, vor ihm eine riesige Staffelei, rechts neben ihm Stifte, Pinsel und Farben, vor ihm eine handliche Holztafel mit weißer Grundierung. Das Rollo am Fenster muss er runterlassen und damit die viel zu helle Sonne aussperren.
Ins Isnyer Schloss ist Hechelmann nach dem Verkauf des Bauernhofes gezogen. Hier wohnt er auch, und hier ist auch die 'Kunsthalle' mit den Ausstellungs- und Verkaufsräumen. Noch steckt ihm der Umzug in den Knochen. Doch Hechelmann kann sich nicht ausruhen. Er hat einen Auftrag zu erfüllen, der ihn zu stetigem Arbeiten zwingt.
Er hat 30 Bilder zu malen, 30 Szenen aus dem berühmten Roman 'Momo' seines 1995 verstorbenen Freundes Michael Ende. Der Thienemann-Verlag will die Geschichte in einem üppigen Bildband neu herausbringen und weltweit verkaufen. Die Verleger suchten dazu in ganz Europa nach einem Illustrator, wie Hechelmann berichtet. 'Aber sie wurden nur bei mir fündig', sagt er und lächelt selbstbewusst und ein wenig ironisch zugleich.
Dieser Auftrag sei ihm gerade recht gekommen. Denn die Arbeit habe ihm in den vergangenen zehn Monaten jenen Halt gegeben, der ihn vor dem Zusammenbruch bewahrte. Der 59-Jährige hat 'einen gewaltigen Umbruch' erleben müssen. Während der Verkauf des Bauernhauses von ihm selbst gewollt war ('der Hof war fertig, ich war nicht mehr gefragt, also musste ich mich von ihm trennen'), kam ein anderes Ereignis unerbeten: Der Tod seines Lebenspartners und Managers Joseph Hechelmann-Baschnegger Anfang 2007. 'Das Malen war für mich wie eine Säule, an der ich mich orientierte'.
Der Vertrag mit dem Verlag zwang ihn weiterzumachen. Seine Kreativität sei ihm erhalten geblieben - trotz der tiefen Einschnitte, der Einsamkeit, der Trauer. Er gewann dem Stress sogar positive Seiten ab: 'Da bin ich produktiver als sonst.'
Freilich hat sich Hechelmann auch beim Malen umstellen müssen. Während der Liebhaber des Hellenismus und der Renaissance sich früher fast ausschließlich mit Vergangenem und Mythischem beschäftigte, zuletzt mit alt- und neutestamentlichen Motiven für eine große Künstlerbibel, muss er sich für 'Momo' der Gegenwart widmen. 'Eine Herausforderung für mich', gesteht er. 'Ich habe nun Autos und Straßen zu malen - realistische und unpoetische Dinge, die ich hasse.' Aber der Maler Hechelmann bleibt sich treu. Auch die realistische Gegenwart taucht er in das bekannte poetisch-mythische Schwarz-Grün-Blau, das einen Großteil seiner Bilder seit jeher charakterisiert.
Maltechnisch musste er nichts verändern. Auch die Momo-Bilder entstehen durch das Auftragen vieler Aquarell-Schichten.
Hechelmann arbeitet beharrlich von morgens bis abends, gönnt sich mittags nur eine kleine Ruhepause. Ende 2008 muss er die 30 Bilder abliefern. Gesellschaft leistet ihm die riesige Wolfshündin mit Namen Erna. Erna? 'So hieß einst mein Kindermädchen.'
Die dicken Schlossmauern garantieren ihm Ruhe inmitten der Stadt. Dennoch ist Hechelmann mit dem neuen Domizil nicht ganz zufrieden. Die Nähe zur Natur, die der Schiedelhof bot, fehlt ihm, gesteht er. Deshalb wird er, wenn es wärmer wird, wieder hinausziehen in die Hügel. Das kleine Gästehaus oberhalb des Bauernhauses hat er als Sommerresidenz behalten.