Westernreiter Werner Lieb gewinnt bei Europameisterschaft Von Barbara Rau Großholzleut. Maggy ist bildhübsch, langbeinig, sportlich, klug und hat blaue Augen. Eigentlich würde sich diese Beschreibung gut für eine Partnerschaftsanzeige eignen. Doch Maggy ist die sechsjährige Stute, mit der Westernreiter Werner Lieb aus Großholzleute in Aachen Europameister wurde.'Saddle-Up-Ranch' steht auf einem neuen Holzschild, hinter dem der Weg zu einem liebevoll renovierten Hof führt. In zwei Jahren ist die Hengelesmühle am Damm des gleichnamigen Weihers zu einem echten Schmuckstück geworden. Überall wachsen Blumen, und die Boxen mit Paddock, dem kleinen Auslauf, sind groß und hell. Auch ein Sandplatz und ein 'Round-Pen', wie Westernreiter ihren runden, geschlossenen Trainingsplatz nennen, sind dort vorhanden. Westernreiter wurden Christine und Werner Lieb durch ihrem fünfjährigen Amerikaaufenthalt. Werner Lieb war als Luftwaffenpilot nach New Mexico versetzt worden und kam dort sozusagen aufs Pferd. Im Gegensatz zu seiner Frau ist er vorher nie im Sattel gesessen. Das Ehepaar ließ sich gleich in 'Horsemanship' ausbilden, was mit dem deutschen Pferdewirt vergleichbar ist und hierzulande auch anerkannt wird. Christine Lieb arbeitet auf ihrem Hof als Trainerin und Reitlehrerin und ist für den ganzen Betrieb zuständig, da ihr Mann während der Woche im Dienst ist. Die drei Töchter zwischen zwölf und 19 Jahren helfen mit - die beiden jüngeren, Maxine und Franziska, sind genauso vom Pferdevirus infiziert wie ihre Eltern. Intensive Bodenarbeit mit den jungen Pferden, bei der sie alle Kommandos lernen, ist die Grundlage für ein gutes Reitpferd, ist Christine Lieb überzeugt. 'Wenn der Reiter oben sitzt, muss das Pferd schon wissen, was er von ihm will.
' Einfühlungsvermögen in den Charakter des Pferdes und individueller, liebevoller Umgang mit den Vierbeinern sind für sie weitere Voraussetzungen. Zwei Pensionspferden, die deren Besitzerin vom Schlachtviehtransport gerettet hat, konnte Lieb nach kurzer Zeit wieder das Vertrauen zum Menschen zurückgeben. Werner Lieb nennt seine Frau deshalb auch gerne die 'Pferdeflüsterin'. Er selbst trainiert nur seine Maggy, die er als Zweijährige bekommen und selbst eingeritten und ausgebildet hat. Weil er als Schwimmer einst Leistungssport betrieben hat, überträgt er gelegentlich auch menschliche Trainingsmethoden auf sein Pferd. Das Zirkeltraining hat jedenfalls gut bei der Stute angeschlagen. Sieg in der Amateur-Klasse Das Training braucht auch Übereinstimmung der Eheleute, denn Christine Lieb muss Maggy während der Woche im Sinne ihres Mannes trainieren. Dies scheint zu klappen, denn schon als Vierjährige wurde Maggy mitten im Umzugsstress bayerische Meisterin in Ottobeuren. In Aachen-Soers gewann Werner Lieb jetzt mit seiner Maggy in der Amateur-Klasse das 'Barrel-Racing', bei der 'Open' belegten die beiden den zweiten Platz. Und das, obwohl nur zwanzig Minuten zwischen den beiden Wettbewerben lagen. 'Barrel-Racing' ist ein Rennen um Tonnen. Beim 'Team-Penning', dem Aussondern von einzelnen Tieren aus einer Rinderherde, hatten Lieb und Maggy mit ihrem Team ebenso wenig Glück wie alle anderen. Die Rinder holten jedes ihrer Herdenmitglieder mit vereinten Kräften zurück, wie Werner Lieb schmunzelnd berichtet. 'Am Ende stand es Sieben zu Null für die Herde.'Ihrem Aussehen verdankt das schwarz-weiß gescheckte 'Paint-Horse' seinen Namen. Maggy ist nur der Rufname, eigentlich heißt die junge Dame 'Just a kiss in the dark'. Sie ist ein Overo-Schecke, das heißt, die weißen Flecken kreuzen nicht den Rücken, und zwischen Schwarz und Weiß fließen die Ränder. Aber so poetisch 'ein Kuss im Dunkeln' auch klingen mag - wenn man sein Pferd rufen will, ist das eindeutig zu lang.