Computer-Virus bringt Unruhe in Kemptener Firmen. Von Nicole Siebert Kempten Liebesbriefe bekommt man heutzutage nur noch selten. Und eigentlich sind die süßen Grüße ein Grund zur Freude. Anders verhält es sich jedoch mit 'I love you', einer verheißungsvollen E-mail, die als getarnter Virus bundesweit Computernetze lahmlegte. Auch in Kempten. Und noch immer ist die Gefahr nicht gebannt. Denn der bösartige Wurm, wie ihn Computerexperten nennen, hat bereits Nachwuchs bekommen.
'Vorsicht-schwerwiegender Viren-Outbreak!!! Sehr hohe Gefahr!!!' Diese und ähnliche Warnungen flatterten in die virtuellen Briefkästen der Mitarbeiter großer Firmen in Kempten. Doch da war es oft schon zu spät. Denn einige hatten bereits eine E-mail mit dem Namen 'Love-letter-for-you. txt. vbs' geöffnet und damit eine Lawine losgetreten. Das heimtückische Virus verbreitete sich in Adressverzeichnissen der Computer und schickte automatisch an jeden der gespeicherten Namen eine elektronische Nachricht. Dies führte teilweise zu Systemausfällen.
Gefahr vom Dateianhang
'Die Gefahr geht vom Dateianhang aus', erklärt Bernhard Schmid, Systemadministrator beim Allgäuer Zeitungsverlag (AZV). Die drei Buchstaben vbs für 'visual basic script' seien das eigentlich Gefährliche. Auch das Rechenzentrum des AZV wurde von dem tückischen Liebesbrief heimgesucht. Allerdings ohne Erfolg, denn das Virenprogramm blockte ihn ab und verschob den unliebsamen Gast in den sogenannten 'Quarantäneordner'.
Nicht so reibungslos ging es bei der Sparkasse in Kempten ab. 'Wir wurden aus heiteren Himmel getroffen', erzählt Roman Sommer, Leiter der Abteilung Organisation bei der Sparkasse. Kundendaten seien allerdings nicht durcheinandergewirbelt worden und das Tagesgeschäft lief wie gewohnt. Etwa 50 Liebesbriefe trafen laut Sommer in der Filiale ein und der Virenscanner konnte die Botschaften nicht abfangen. So kam es zu Ausfällen im internen Mail-System, die jedoch wieder behoben wurden.
Schlagartig losgegangen
Regelrecht bombardiert wurde indes die Firma Liebherr. 'Gegen 10.10 Uhr trafen bei uns schlagartig etwa 5000 E-mails ein', erzählt Organisationsleiter Dieter Bolz. Glücklicherweise öffnete keiner der Mitarbeiter den Liebesbrief. Sofort geschaltet hat auch die EDV-Abteilung von Liebherr und bekämpfte den Wurm mit einem Antivirenprogramm. 'Unsere Mitarbeiter sind vorgewarnt und dürfen zudem offiziell gar keine privaten E-mails empfangen', sagt Bolz. Doch es hätte auch anders ausgehen können. Bolz: 'Wenn nur einer die Mail geöffnet hätte, hätte er sie an etwa 12 000 Personen verschickt.'
Auch die Firma Dachser mit weltweit 80 Niederlassungen führt über das Internet regen Informationsaustausch. 'Wir hatten infizierte Rechner, die wurden aber sofort ausgeschaltet', so Willi Wasserrab, System-Administrator. Auf die Produktion habe der Eindringling allerdings keine Auswirkungen gehabt.
Ungelesen löschen
Keine Probleme mit dem unbekannten Liebesbriefschreiber hatte das Bürgernetz Allgäu. 'Wir nutzen den E-mail-Server auf Linux-Ebene', sagt Vorsitzender Hans Rausch. Dennoch gibt er den Tipp, niemals E-mails mit Anhang zu öffnen, die von einem unbekannten Absender kommen. 'Diese löscht man am besten ungelesen.' Bei handgeschriebenen Liebesbriefen besteht allerdings keine Gefahr.