Von Nicole Siebert Obergünzburg - Auf Weihnachten und Neujahr freut sich Dr. Fred Schwarzer immer ganz besonders. Denn der Obergünzburger, der seit vier Jahren mit seiner Frau in Tokyo lebt, verbringt diese Feiertage meist in seiner Heimat im Ostallgäu. Aus gutem Grund: denn im Land der aufgehenden Sonne findet Weihnachten eigentlich gar nicht statt. Zumindest nicht so, wie Fred Schwarzer es aus Jugendtagen kennt und schätzt. 'Einmal waren meine Frau und ich an Weihnachten und Silvester in Japan', erzählt Schwarzer, der derzeit Heimaturlaub in Obergünzburg macht. Einmal und nie wieder, wohlgemerkt. 'Wenn du nicht aufpasst, dann ist Weihnachten da einfach vorbei', sagt er. Denn in Japan ist der 24. Dezember ein ganz normaler Arbeitstag und außer, dass die Stadt in bunten, kitschigen Lichterglanz gehüllt ist, denkt hier niemand an die Geburt von Jesus Christus. Ist ja auch eigentlich klar: 'Die meisten Menschen, die in Japan leben, sind keine Christen, sondern Buddhisten, Shintuisten oder schlichtweg gar nichts', erklärt Schwarzer. Zudem sei der Shintuismus beispielsweise sehr pragmatisch angelegt. So gebe es verschiedene Tempel, den einen bei Krankheit, den anderen für den Kinderwunsch, also für viele verschiedene Bedürfnisse verschiedene Anlaufstellen. Schwarzers Frau Miho ist Japanerin und kannte bis zu ihrer Heirat mit dem Obergünzburger kein anderes Weihnachten. 'Als Kinder glaubten wir, Santa Claus bringt die Geschenke', erinnert sie sich.
Alle seien sehr aufgeregt gewesen, hätten Wunschzettel geschrieben und konnte die Nacht zum 25. Dezember gar nicht schlafen vor lauter Spannung. Als Miho Schwarzer älter war, traf sie sich an Weihnachten in einem teuren Hotel zum Essen mit Freunden. Schon immer wollte sie an diesem Tag etwas besonderes machen. Doch als die junge Frau dann ihren Mann an Weihnachten zum ersten Mal in seine Allgäuer Heimat begleitete, da liefen ihr die Augen über. Der geschmückte, echte Tannenbaum, knuspriger Gänsebraten, Stollen, Plätzchen und einfach die besondere Stimmung und Atmosphäre diese Festes. 'Da wusste ich, das ist Weihnachten', schwärmt sie und dabei strahlen ihre Augen. Doch auch der Jahreswechsel wird in Japan anders gefeiert, als in Deutschland. 'Die erste Erfahrung, die ich gemacht habe war, dass man in Japan Neujahrsgrüße per Postkarte verschickt', sagt Fred Schwarzer. Und das ist freilich wörtlich zu nehmen. Denn obwohl das asiatische Land eine Technikhochburg ist, legen die Japaner größten Wert auf eine persönliche Neujahrskarte per Post und nicht etwa per E-Mail. 'An Silvester trifft man sich dann mit der Familie zum Essen und um Mitternacht läuten im ganzen Land dumpf die großen, buddhistischen Glocken', sagt der Obergünzburger, dem dieses Geräusch aber nicht besonders angenehm zu sein scheint. 'Danach geht die Familie in einen Tempel und trinkt heißen Sake.' Keine Rakete erleuchtet den Nachthimmel, nirgendwo gibt es Menschen, die die Sekunden bis Mitternacht rückwärts zählen. Aber in Obergünzburg. Und da ließ Familie Schwarzer auch in der Silvesternacht 2002/2003 die Korken knallen.