Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Lichtblick für Milchbauern, aber keine Entwarnung

Sulzberg

Lichtblick für Milchbauern, aber keine Entwarnung

    • |
    • |
    Lichtblick für Milchbauern, aber keine Entwarnung
    Lichtblick für Milchbauern, aber keine Entwarnung Foto: Ralf Lienert

    Es geht um landwirtschaftliche Existenzen. Romuald Schaber, selbst Bauer in Petersthal, kennt die Nöte seiner Berufskollegen, hat sich zu deren Hoffnungsträger entwickelt. Und so hängen ihm im Sulzberger "Hirsch-Saal" 320 Landwirte an den Lippen.

    Der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter nutzt die BDM-Kreisversammlung für eine Zwischenbilanz. Für ihn gibt es da "Lichtblicke". Nachdem der Milchpreis durch die "unselige Milchmengenausweitung der EU im Jahre 2008" bis auf 20 Cent im Allgäu gesunken ist, sei der Liter-Erlös im Herbst und Winter auf 27 Cent geklettert. Auch das neue "Premium-Produkt Die Faire Milch" erfreue sich zunehmender Beliebtheit. Für Schaber trotzdem alles kein Grund zur Entwarnung. Denn erstens könne der Markt die Verbesserung "jede Sekunde" wieder kippen und zweitens sei man vom Vollkostenpreis von mindestens 40 Cent noch weit entfernt. Aber dass es überhaupt wieder zu einem Anstieg des Milchpreises gekommen ist, führt Schaber auf den Kampfeswillen seines Verbandes zurück.

    Der hat bundesweit 27000 Mitglieder. Noch mal so viele, das ist der Traum des Petersthalers. Denn mit zwei Dritteln aller deutscher Bauern im Rücken könnte er nach eigenem Bekunden den marktpolitischen Druck ausüben, um sein Konzept der Markt angepassten Milch-Mengensteuerung durchzusetzen. Immerhin: Der Mann, der das Kanzleramt und die EU-Kommission von innen kennt, ist auch Chef vom European Milk Board (EMB) mit rund 100000 Mitgliedern.

    BDM-Kreisvorsitzender Andreas Steidele führt die 50 Oberallgäuer Aktionen mit 5000 Bauern ins Feld - von den Bäuerinnen-Aktionen in München und Berlin mit "viel Sitzfleisch" bis zum "berühmten Fackelzug am Kohlenberg". Die Empörung habe schließlich einen realen Hintergrund, so der stellvertretende BDM-Kreischef Hans-Peter Uhlemayr: Allein 2009 hätten die Oberallgäuer Bauern durch die große Lücke zum Vollkosten-Milchpreis einen Wertschöpfungsverlust von 30 Millionen Euro hinnehmen müssen.

    Landrat Gebhard Kaiser sieht diese Entwicklung mit "großer Sorge". Ein Ausfall der Bauern, die für die ländliche Kultur und Touristenlandschaft gleichermaßen viel tun würden, mag er sich gar nicht vorstellen.

    Daher habe das Landratsamt auch die Bußgeldbescheide für eine nicht erfolgte Pflicht-Impfung bei der Blauzungen-Krankheit zurückgehalten, was Kaiser in Sulzberg viel Beifall einbringt.

    Applaus gibt es auch für die solidarischen Äußerungen des französischen EMB-Vertreters Richard Blanc. Und der Gewerkschaftler Peter Schmidt sieht im "Neoliberalismus" die Wurzel allen Übels - auch für die Landwirtschaft. "Trotz des Denkzettels Finanzkrise macht die Politik kaum Anstrengungen, um diesen Raubtierkapitalismus zu bändigen", schimpft Schmidt. (mr)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden