Drogenexperte spricht bei Sitzung des Dekanatsrates - Zwei Projekte vorgestellt Füssen (fls). "Leidensdruck": Ein Stichwort, um das sich bei der Drogentherapie einiges dreht. Denn ohne Leidensdruck beim Abhängigen sei es kaum möglich, einen Drogenabhängigen zu einem anderen Lebensstil zu bewegen, sagte Siegfried Meuthen, Leiter der "Drogenhilfe Oberland" bei der vergangenen Sitzung des Füssener Dekanatsrates. Meuthen weiß, wovon er spricht, denn seit 28 Jahren beschäftigt er sich mit der Drogenarbeit.
Das Thema Drogen stand auf der Tagesordnung der Sitzung, zu der rund 20 Vertreter von Pfarreien und Pfarrgemeinderäten gekommen waren. Dabei ging es nicht um einzelne Drogen und ihre Wirkungsweise, sondern wie man als Konsument wieder davon loskommen kann. "Und das ist alles andere als einfach", betonte der Referent. "Denn Sucht ist hartnäckig und tückisch". Kein Medikament sei auf dem Markt, das dagegen hilft und auch Ersatzstoffe, wie etwa Methadon, brächten langfristig keine Heilung. Knackpunkt bei der Sucht sei der berühmte "Klick" im Kopf: "Denn jede Droge ist in ihrer primären Wirkung wunderbar", so Meuthen. Wer das großartige Gefühl kennengelernt hat, sieht erst einmal nicht ein, warum er wieder damit aufhören sollte. Diese Bereitschaft komme erst, wenn der "tiefe Fall" da ist - seien es schwerwiegende gesundheitliche Probleme, Kollisionen mit der Justiz oder die völlige soziale Isolierung. "Bevor der Leidensdruck nicht groß genug ist, hat es auch keinen Sinn, einen Abhängigen in Therapie zu schicken", betonte der Fachmann. Versuche man es dennoch, sei ein Abbruch und die Rückkehr ins Drogenmilieu schon programmiert. Meuthen setzt in seiner Arbeit auf Einzel - nicht auf Gruppentherapie. Dafür habe die "Drogenhilfe Oberland" zwei Modelle ins Leben gerufen: die "Therapie auf dem Bauernhof" und die "Therapie im Handwerk". Gegenüber der herkömmlichen Form hätten diese Modelle entscheidende Vorteile: Anstatt mit 30 bis 40 "Klienten" neun bis zwölf Monate unter einem Dach zu wohnen, können die Abhängigen ohne andere Suchtkranke wieder ins normale Leben zurückfinden. Zudem könnten sie bei sinnvoller Arbeit in einem natürlichen sozialen Umfeld lernen, wie man die Widrigkeiten des Alltags auch ohne Drogen lösen kann. Bei der Therapie im Handwerk habe ein Suchtkranker zudem die Möglichkeit, bei seinem Beruf am Ball zu bleiben. "Ich will die traditionelle Gruppentherapie nicht verteufeln", betonte der Referent. Dennoch gebe es aber genügend "Klienten", für die die Einzeltherapie besser geeignet ist. Die Zahlen an Abbrüchen würden dies belegen: Bundesweit beenden 71 Prozent der Abhängigen die Gruppentherapie vorzeitig, bei der Einzeltherapie seien es lediglich rund 20 Prozent. Dekanatsrat Bernd Friedrich wird künftig als "Koordinator" für die "Drogenhilfe Oberland" tätig sein. Er bat die Mitglieder des Rates, "Augen und Ohren aufzuhalten", um Landwirte und Handwerksbetriebe zu finden, die bereit sind, therapiewillige Drogenabhängige aufzunehmen. Weitere Informationen zu den Projekten der "Drogenhilfe Oberland gibt es bei Siegfried Meuthen, Telefon 08861/69854.