VOn Martin Peter |Lechbruck/OstallgäuEin Banner gleich am Eingang des Festzelts machte den Besuchern von Beginn an klar, worum es an diesem Abend in Lechbruck gehen würde: den Milchpreis. Für den fordern die Bauern die schon obligatorischen 40 Cent, wie nicht nur das Plakat an diesem Abend zu verstehen gab - sondern auch der Gastgeber, der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM). Vor allem Gastredner Johannes Pfaller vom Bundesbeirat des Verbands verstand es, den rund 500 Zuhörern verbal einzuheizen - und erhielt donnernden Applaus.
In seiner einstündigen Brandrede vor den Bauern der Region machte er immer wieder deutlich, wie wichtig der Milchlieferboykott Ende Mai für das Selbstbewusstsein der Bauern gewesen sei. "Wir sind nach langer Zeit aufgestanden und befinden uns jetzt auf Augenhöhe mit den Molkereien und dem Handel", rief Pfaller den Bauern zu. "Wir haben gezeigt, wer das Volk ernährt." Erreicht hätte man damit, dass Molkereien nun auch zu Verhandlungen bereit seien.
Die geforderten 40 Cent für einen Liter Milch werden den Bauern derzeit dagegen nicht gezahlt. Jüngsten Angaben zufolge liege der Preis aktuell bei rund 32 Cent.
Ein neuer Lieferboykott sei nicht ausgeschlossen, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands der deutschen Milchviehhalter, Romuald Schaber, der Thüringer Allgemeinen. Und auch Pfaller machte in Lechbruck deutlich, dass man mit den 40 Cent ein klares Ziel vor Augen habe. "Wer ein hochwertiges Produkt anbietet, der soll auch dafür bezahlt werden."
Falschmeldungen im Umlauf

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Er warnte dagegen vor Versuchen seitens der Molkereien und des Handels, Einfluss auf den Milchpreis zu nehmen. "Es wird durch Falschmeldungen bewusst versucht, den Milchpreis kaputt zu machen." In diesem Zusammenhang verteilte Pfaller gegen den Deutschen Bauernverband ein ums andere Mal Seitenhiebe und forderte den Verband auf, endlich mit dem BDM für einen höheren Milchpreis zu kämpfen.
Ein Blick in die benachbarten Niederlande zeigte die europäische Dimension eines Boykotts und war dazu auserkoren, den BDM-Verantwortlichen den Rücken zu stärken. Peter ten Hoeve referierte über die Situation im Nachbarland, dessen Struktur des Milchmarktes ähnlich dem in Deutschland ist. "Knapp 85 Prozent der Bauern liefern ihre Milch an vier Genossenschaften - und die bestimmen den Preis." Und dieser liege bei rund 30 Cent. Während die Genossenschaften für weiterverarbeitende Maßnahmen etwa 70 Prozent des Umsatzes für sich in Anspruch nähmen, blieben den Bauern nur rund 30 Prozent.
"Kleinere Molkereien sind dagegen in der Lage, 65 Prozent des Umsatzes an die Landwirte weiterzugeben", so der Niederländer. Ein Boykott habe nun in einem ersten Schritt dazu geführt, dass Handel und Molkereien zu Gesprächen bereit waren. "Es gibt nun ein Umdenken", sagte ten Hoeve, der einen Boykott als Investition in die Zukunft sieht. "Jetzt wird darüber diskutiert, wie wir den Milchpreis auf einem hohen Niveau halten können." Wie sich die Lage in Deutschland entwickelt, darüber entscheidet der Milchgipfel am 29. Juli in Berlin mit Bundesminister Horst Seehofer und den Bauernverbänden. Das Plakat mit den BDM-Forderungen wird auch dann nicht weit sein.