Artikel: Lage ist besorgniserregend

15. Januar 2003 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Kreishandwerksmeister Reitebuch zur Situation in Betrieben

Rieden/Marktoberdorf/Ostallgäu (cl). - Als absolut unbefriedigend und zum Teil auch besorgniserregend bezeichnete Kreishandwerksmeister Jürgen Reitebuch aus Marktoberdorf die Lage im Ostallgäuer Handwerk. Beim traditionellen Treffen zum Jahreswechsel mit den Obermeistern in Rieden-Dietringen erklärte er, dass unter den momentanen wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen eine positive Zukunftsperspektive nicht zu erkennen sei. Für die momentane Auftragsflaute machte Reitebuch eine ganze Reihe von Gründen aus: Neben einem 'atemberaubenden' Paket an Steuer- und Abgabenerhöhungen sind dies aus seiner Sicht unter anderem die knappen Kassen der Öffentlichen Hand, die Zunahme der Schwarzarbeit und nicht zuletzt auch die anstehende Erweiterung der EU. Die Folge hiervon sei der Abbau von Arbeitsplätzen und der Umstand, dass freiwerdende Arbeitsplätze nicht mehr neu besetzt werden. 'Die Weidegründe der 'Melkkuh Handwerk' sind spärlich geworden - der Kampf um die besten Weidegründe hat ruinöse Ausmaße angenommen', betonte der Kreishandwerksmeister. Ein weiteres Phänomen sei der Verkauf erfolgreicher Allgäuer Firmen an ausländische Unternehmen: Moksel nach den Niederlanden, Stegmann nach Frankreich, Bayosan nach Österreich. Der Wirtschaftsstandort Deutschland stehe auf dem Prüfstand. Sorgen bereitet auch die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe.

Gegenüber dem Vorjahr sei ein Rückgang von 13 Prozent zu verzeichnen. Reitebuch sieht auch in den kommenden beiden Jahren keine Verbesserung der Situation. Die Zurückhaltung der Betriebe sei auf jeden Fall besorgniserregend. Ihm liege aber nichts daran, alles 'Schwarz in Schwarz' zu malen, zumal es auch Positives aus dem Handwerk zu vermelden gebe. 'Handwerkliche Meisterleistungen zeigen die Kreativität unserer Betriebe und auch der letztjährige Lehrlingswettbewerb der Handwerksjugend hat den hohen Ausbildungsstandard verdeutlicht', so Reitebuch. Jedoch sei 'Schönrederei' fehl am Platz. Es müsse aufgezeigt werden, dass es beim Handwerk bereits 'zwölf Uhr geschlagen hat'. So rief er zur Teilnahme an einer Großdemonstration des Bayerischen Handwerks am 10. Februar in München unter dem Motto 'Jetzt reicht's: Handwerk gegen Stillstand' auf. Dieser einmalige geschlossene Auftritt sei ein Indiz dafür, dass man erkannt habe, dass nur eine breite Front der Gemeinsamkeit etwas bewirken kann.