Wie ein riesiges Augustushaupt aus dem Weilerer Hausbach auftauchte und jetzt in Richtung Nachbardorf verschwand. Von unserem Redaktionsmitglied Klaus-Peter Mayr Weiler/Scheffau Weiler hat etwas, was andere Orte nicht haben. Einen Kopf des Augustus (für Nicht-Historiker: Kaiser des römischen Reiches von 30 vor bis 14 nach Christus). 1994 wurde das riesige, bestens erhaltene Konterfei aus Carrara-Marmor im Westallgäu, genauer gesagt im Hausbach von Weiler entdeckt und in die Dorfmitte gebracht, vors Gasthaus zur Traube.
Ein originaler Kopf aus der Römerzeit? Einfach so gefunden im Dorfbach? Diese Geschichte kann nicht wahr sein. Aber so stand es auf dem Schild bei dem 1,90 Meter hohen Haupt des Römerkaisers, ergänzt durch die Vermutung, dass das Kunstwerk Teil einer Kolossalstatue gewesen sein könnte. Nicht wenige nahmen das für bare Münze. Beispielsweise auch der Verfasser eines Ausflugsführers an den Bodensee, der seinen Leser nicht zuletzt deswegen empfiehlt, einen Abstecher nach Weiler zu machen.
Wirklich wahr ist, dass der rund 100 Zentner schwere Schädel 1994 vor dem Wirtshaus aufgestellt wurde und zu einem markanten Bestandteil des Ortsbildes geworden ist, wie Bürgermeister Karl-Heinz Rudolph sagt. Geschaffen haben ihn Dr. Michael Pfanner und Hartmut Schmid aus dem Nachbarörtchen Scheffau (Gemeinde Scheidegg) anlässlich eines Bildhauer-Kolloquiums. Weil Pfanner nicht nur Steinmetz und Bildhauer ist, sondern auch ein Schelm, erfand er die Sache mit dem Hausbach. Auch schrieb er 'for sale' (für Nicht-Engländer: 'zu verkaufen') an den Kopf und: 'Pecunia non olet' (für Nicht-Lateiner und Nicht-Asterix-Leser: 'Geld stinkt nicht'). 100 000 Euro hätten Pfanner und Schmid gerne genommen, immerhin arbeiteten sie etliche Monate an dem detailgetreuen Kaiserkopf. Bezahlen wollte das freilich niemand auch nicht die Marktgemeinde Weiler.
Nun ist der Kopf weg. Nein, nicht fortgespült vom überquellenden Hausbach. Michael Pfanner hat ihn heimgeholt in seine Werkstatt. Der Grund für den Abtransport ist ein ganz banaler: 'Der Kopf ging im Weg um.' Die Fassade der Traube wird nämlich restauriert.
Dass das mächtige Haupt in der Hauptstraße 1 fehlt, fiel dem Heimatpfleger Gerd Zimmer auf. Er machte Meldung im Gemeinderat, was dieser zwar zur Kenntnis nahm, ihn aber nicht aus der Ruhe brachte. Auch nicht den Bürgermeister. Er habe sich noch nicht so richtig damit beschäftigt, gesteht Karl-Heinz Rudolph, wenn er danach gefragt wird.
Allerdings fehle schon etwas, denn: 'Man hat sich daran gewöhnt.' Und je länger Rudolph darüber sinniert und spricht, desto besser gefällt ihm die Idee, das Marmorwerk vielleicht doch wieder nach Weiler zu lotsen. 'Man muss mal mit Herrn Pfanner reden.' Aber er wolle dem Gemeinderat auf keinen Fall vorgreifen.
Könnte sein, dass die Weilerer da auf Granit beißen. Denn Bildhauer Pfanner schwebt inzwischen ein anderer Platz vor in seinem Heimatdorf Scheffau. Man habe da eine Idee, doch Genaueres wolle er noch nicht verraten.
Der Schelm Pfanner hat inzwischen einen neuen Text zum Augustus-Kopf angefertigt. Das antike Werk werde gerade mit Fördergeldern des UNESCO-Projektes 'Römer in Mitteleuropa' restauriert, steht da. Am nahegelegenen 'Enschenstein' fänden weitere Ausgrabungen statt, da Teile des rechten Fußes und der linken Hand der Augustus-Statue entdeckt worden seien.
Die Schirmherrschaft des Projektes habe kein geringerer als Cesare Maldini übernommen (für Nicht-Fußball-Fans: italienischstämmiger Trainer des Nationalteams von Paraguay).