Kürzlich warnte die Kabarett-Truppe der Irseer Vereine beim Oktoberfest vor dem Kugelkäfer aus dem alten Gerichtshaus. Doch die harmlosen Insekten im historischen Gemäuer waren nur ein Nebenfund bei dessen Innensanierung. Denn bei den Arbeiten wurden original Putz- und Stuckreste aus dem Barock gefunden sowie der ursprüngliche Grundriss ermittelt. Und bei der Sicherung des Hauses ging Architekt und Gemeinderat Günter Helmschrott neue Wege.
Ursprünglich stand das erstmals 1619 erwähnte Haus in Nord-Süd-Richtung. Das ergab die bauhistorische Untersuchung durch Andrea Kuch für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) im Auftrag der Gemeinde. Die Untersuchungen zur Altersbestimmung des Bauholzes zeigten zwei Bauphasen unter dem Klosterabt Bernhard Beck (1731 bis 1765). In der ersten Phase wurde das Haus im Südwesten verlängert, die barocken Fenster eingebaut, Dach und Obergeschoss komplett neu errichtet, stellte Kuch fest.
Dabei wurde das Gebäude gleichsam gedreht: Der einstige Querflur wurde zum heutigen Längsflur und das Eingangsportal rückte von der Straße weg nach Osten. "Vermutlich, weil dort das Kloster lag", meint Helmschrott.
Im 19. Jahrhundert erfolgte der Einbau von senkrecht gemauerten "Russischen Kaminen" und einer Wendeltreppe, die im 20. Jahrhundert durch eine Podesttreppe ersetzt wurde, so die Ergebnisse von Kuch. Nun wurde bei der Innensanierung die Decke statisch gesichert, das Gebäude bekam neue Bodenbeläge und neuen Putz, der Stuck und die Haustechnik wurden komplett erneuert, berichtet Helmschrott. Dabei wurden original Teile erhalten und im Flur handgeschlagene Ziegelplatten nach ursprünglicher Herstellung und Technik verlegt. Zudem wurde eine Barocktür im Erdgeschoss restauriert.
Aber es gab auch Probleme: So gestaltete sich die Sicherung der südwestlichen Giebelwand als "äußerst schwierig" erzählt Helmschrott. "Der lehmige, nasse Boden war sehr labil und die Wand drohte wegzubrechen." Mit Kohlenfaserbändern ließ Helmschrott die Wand sichern. "Wir konnten damit die Bausubstanz größtmöglich schonen." Auf dem Dachboden traten dann Holzwürmer und die bekannten Kugelkäfer in Erscheinung und wurden entsorgt. Und noch etwas verschwand aus dem Haus: "Wir haben die Bausünden der 60er-Jahre wie Bitumenanstrich oder Kosmosplatten an den Wänden entfernt", so der Architekt. Der Aufwand für die Dachsicherung, Außen- und Innensanierung beläuft sich auf rund 470000 Euro, die vom BLfD, Dorferneuerung, Gemeinde und Landesstiftung aufgebracht wurden. Der Öffentlichkeit soll das Ergebnis, nachdem die Sanierung bereits 2005 begann, vermutlich im November vorgestellt werden, hofft Bürgermeister Andreas Lieb.